Wiesnbrezn auf dem Oktoberfest sind steuerbegünstigt
BFH 3.8.2017, V R 15/17Die Klägerin hatte in den Streitjahren 2012 und 2013 Verkaufsstände in Festzelten während des Oktoberfestes zum Verkauf von Brezeln (bayerisch: "Brezen") gepachtet. Dabei handelte es sich ausschließlich um sog. "Wiesnbrezn". Sie setzte dabei sog. "Brezenläufer" ein. Diese gingen durch die Reihen des Festzeltes und verkauften die Brezeln an die an Bierzelttischen sitzenden Gäste des Festzeltbetreibers.
Das Finanzamt sah darin umsatzsteuerrechtlich eine sog. sonstige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliege. Es sei ein überwiegendes Dienstleistungselement gegeben, weil der Klägerin die von den Festzeltbetreibern bereitgestellte Infrastruktur, bestehend aus Zelt mit Biertischgarnituren und Musik, zuzurechnen sei. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Die Abgabe von Brezeln in Festzelten durch einen vom Festzeltbetreiber personenverschiedenen Unternehmer unterlag dem ermäßigten Steuersatz, da es sich um eine Lieferung, nicht aber um eine sonstige Leistung handelte. Für die vom FG angenommene Zurechnung der im Festzelt vorhandenen Verzehrvorrichtungen bestand keine Rechtsgrundlage.
Die in den Festzelten aufgestellten Biertischgarnituren, bestehend aus Tischen und Bänken, dienten den eigenen Gastronomieumsätzen des Festzeltbetreibers. Damit handelte es sich um für die Klägerin fremde Verzehrvorrichtungen, an denen der Klägerin kein eigenes Mitbenutzungsrecht zugestanden hatte. Sie hatte keine Verfügungs- oder Dispositionsmöglichkeit i.d.S. erlangt, dass sie Besuchern Sitzplätze im Festzelt zuweisen konnte.
Nach der "Realität" im Bierzelt war auch nicht davon auszugehen, dass Personen, die ausschließlich Brezeln von der Klägerin erwarben, zur Nutzung der Biertischgarnituren berechtigt gewesen waren, ohne zusätzliche Leistungen des Festzeltbetreibers in Anspruch nehmen zu müssen. Darüber hinaus handelte es sich bei Brezeln um eine Standardspeise einfachster Art, die keinerlei über den bloßen Herstellungsvorgang hinausgehendes Zubereitungselement wie etwa ein Warmhalten für den Verzehr aufwies. Für ihren Verzehr bedurfte es zudem keiner Art von Hilfsvorrichtung.
Das Urteil ist zu den Streitjahren 2012 und 2013 ergangen. Bei gleichbleibenden Verhältnissen ist die kurz vor Beginn des Oktoberfests 2017 veröffentlichte BFH-Entscheidung auch für die Folgejahre zu beachten.
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