14.03.2014

Zahnarztfrau nicht gewerblich tätig

Eine Zahnarztfrau, die in der Praxis ihres Ehemannes für die Praxisverwaltung und -organisation, den Schriftverkehr, die Personalverwaltung und Abrechnung zuständig ist, erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und keine (gewerbesteuerpflichtigen) Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung hat für die steuerrechtliche Beurteilung, ob eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit vorliegt, keine Bindungswirkung.

FG Rheinland-Pfalz 23.1.2014, 6 K 2295/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist gelernte Arzthelferin, ihr Ehemann ist Zahnarzt. Im Jahr 2006 führte sie ein sog. Statusfeststellungsverfahren bei ihrer Krankenversicherung durch. Die Krankenversicherung kam zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit der Klägerin in der Zahnarztpraxis ihres Ehemannes nicht als abhängiges, sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu werten sei und befreite die Klägerin rückwirkend zum 1.1.1997 von der Sozialversicherungspflicht. Infolgedessen erstattete die Deutsche Rentenversicherung die zu Unrecht erhobenen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung von jeweils rd. 42.000 € an die Klägerin.

Das Finanzamt führte sodann eine Betriebsprüfung durch. Nach Auffassung des Finanzamtes war das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit ihrem Ehemann auch steuerlich nicht anzuerkennen. Es behandelte die von der Klägerin erklärten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit als gewerbliche Einnahmen und erließ für die Streitjahre (2007 und 2008) entsprechende Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Sie macht geltend, dass die Kriterien des Sozialrechts nicht mit denen des Steuerrechts vergleichbar seien.

Das FG gab der Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Klägerin war in der Praxis ihres Ehemannes als Arbeitnehmerin und nicht als Gewerbetreibende tätig. Sie hat daher keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt.

Der steuerliche Arbeitnehmerbegriff ist eigenständiger Natur und nach den für das Steuerrecht maßgebenden Grundsätzen auszulegen. Er deckt sich nicht immer mit dem in anderen Rechtsgebieten verwendeten Arbeitnehmerbegriff. Deshalb hat die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung für die steuerrechtliche Beurteilung, ob eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit vorliegt, keine Bindungswirkung. Entscheidungen des Sozialversicherungsträgers entfalten nur insofern Bindungswirkung, als sie ein eigenes Prüfungsrecht der Finanzverwaltung bzw. der Finanzgerichtsbarkeit ausschließen würden. Letzteres ist vorliegend jedoch nicht gegeben.

Das FG hat daher die für und gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale gegeneinander abzuwägen. Eine selbständige Tätigkeit liegt vor, wenn sie auf eigene Rechnung, eigene Gefahr und unter eigener Verantwortung verrichtet wird. Für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen demgegenüber insbes. folgende Merkmale: Persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit, feste Arbeitszeiten, feste Bezüge, Urlaubsanspruch, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit, kein Unternehmerrisiko, keine Unternehmerinitiative, kein Kapitaleinsatz, Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs.

Vor diesem Hintergrund ist die Klägerin als Arbeitnehmerin anzusehen. Ihre vertraglichen Hauptpflichten sind klar und eindeutig im schriftlichen Arbeitsvertrag festgelegt und auch entsprechend durchgeführt worden. Für ihre Tätigkeit bezog sie einen festen Monatslohn und ihr steht auch nicht unbegrenzt Urlaub zu, den sie nach Belieben wählen kann. Sie nimmt - wie die übrigen Angestellten auch - immer dann Urlaub, wenn die Praxis geschlossen oder dies mit den anderen Mitarbeiterinnen abgestimmt ist. Die Klägerin hat auch ausweislich der vorgelegten Zeiterfassungspläne ihre monatlich vereinbarte Arbeitszeit erfüllt.

Dass ihr ggf. ein größerer zeitlicher Spielraum als den übrigen Arzthelferinnen zur Verfügung stand und sie teilweise auch abends gearbeitet hat, ist unschädlich. Die Klägerin hat auch weisungsgebunden gearbeitet. Zwar zeichnet sich ihre Tätigkeit bereits aufgrund der ihr zugewiesenen Führungsaufgaben durch ein selbständiges Arbeiten und Entscheiden aus. Sie hat jedoch anhand von Beispielen veranschaulicht, dass ihre Tätigkeiten (wie z.B. die Abrechnungen) von ihrem Ehemann als Arbeitgeber kontrolliert wurden und mit seinen Zielen abzustimmen waren.

FG Rheinland-Pfalz PM vom 14.4.2014
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