Zinsberechnung bei nicht fristgerecht entrichteter Milchabgabe
BFH 28.11.2017, VII R 10/17Wegen Überlieferung der sog. Anlieferungs-Referenzmenge im Zwölfmonatszeitraum 2007/2008 wurde gegen die Klägerin Milchabgabe festgesetzt, die zum Teil von der Molkerei gezahlt und hinsichtlich des ausstehenden Betrags mit Abgabenbescheid des Hauptzollamtes (HZA) von der Klägerin gefordert wurde. Nachdem sie begonnen hatte, den Abgabenbetrag in monatlichen Raten zu begleichen, setzte das HZA Zinsen für den Zeitraum Oktober 2008 bis zum erwarteten Ende der Ratenzahlungen im Mai 2022 fest, wobei es den Zinssatz für die gesamte Zeit gemäß dem am 1.10.2008 geltenden, um einen Prozentpunkt erhöhten Bezugssatz EURIBOR bestimmte (Art. 15 Abs. 2 VO Nr. 595/2004 der Kommission vom 30.3.2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 94/22, in der Fassung der Änderungsverordnung (EG) Nr. 1468/2006 der Kommission vom 4.10.2006, ABlEU Nr. L 274/6, i.V.m. Anhang II VO Nr. 595/2004).
Mit Zinsänderungsbescheid vom 11.8.2011 berechnete das HZA die Zinsen unter Berücksichtigung eines wegen erhöhter monatlicher Raten kürzeren Zinszeitraums neu. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage nur teilweise statt. Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das Urteil aufgehoben, soweit die Klage abgewiesen worden war und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
Gründe:
Der angefochtene Zinsänderungsbescheid ist hinsichtlich der Höhe der Zinsforderung rechtswidrig.
Nach Art. 15 Abs. 2 VO Nr. 595/2004 werden Jahreszinsen nach dem um einen Prozentpunkt erhöhten, am 1.10. jedes Jahres gültigen dreimonatigen Bezugssatz gem. Anhang II der VO Nr. 595/2004, d.h. für Deutschland nach dem EURIBOR, erhoben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der auf diese Weise ermittelte Zinssatz auf die Ermittlung der Zinsen im gesamten mehrere Jahre umfassenden Zinszeitraum anzuwenden ist. Vielmehr bezieht sich die Vorschrift auch auf mehrere Jahre umfassende Zinszeiträume, so dass in einem solchen Fall der am 1.10. eines jeden Jahres gültige Bezugssatz für den Zinssatz maßgebend ist.
Festzustellen ist, dass Zinsen keine Mittel sind, ausstehende Zahlungen zu sanktionieren, sondern sie den Schaden ausgleichen, den der Gläubiger durch die Vorenthaltung der ihm zustehenden Geldbeträge erleidet. Die Höhe dieses Schadens folgt dem allgemeinen Zinsniveau, das vom Beginn bis zum Ende des Zinszeitraums variieren kann. Auch sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Unionsgesetzgeber den EURIBOR am 1.10. des Jahres des Zinsbeginns als maßgebend für den gesamten, ggf. mehrere Jahre dauernden Zinszeitraum habe festlegen wollen.
Die Frage der Höhe des für die Zinsberechnung maßgebenden, am 1.10. eines jeden Jahres des streitigen Zinszeitraums gültigen dreimonatigen Bezugssatzes gemäß Anhang II der VO Nr. 595/2004 ist eine Tatsachenfrage, die im zweiten Rechtsgang zu klären sein und zu einer Änderung der Zinshöhe sowie der Kostenentscheidung führen wird.
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