11.09.2017

Zinssatz von 6% p.a. bis September 2014 verfassungsgemäß

Das BVerfG hat mit Nichtannahmebeschluss vom 3.9.2009 (1 BvR 2539/07) entschieden, dass der durch den Gesetzgeber im Interesse der Praktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung typisierend auf 0,5 % pro Monat festgesetzte Zinssatz, der immerhin zugunsten wie zulasten des Steuerpflichtigen gilt, rechtsstaatlich unbedenklich ist. Allerdings war u.a. angesichts des weiter andauernden Niedrigzinsniveaus in den hier streitigen Zinsmonaten die Revision zuzulassen.

FG Köln 27.4.2017, 1 K 3648/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte in den Jahren 2000, 2004, 2005 und 2008 - u.a. - gewerbliche Einkünfte als Gesellschafter mehrerer Kommanditgesellschaften erzielt, die jeweils einheitlich und gesondert festgestellt wurden, sowie Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Einzelunternehmer, die gesondert festgestellt wurden. Aufgrund von Mitteilungen der jeweiligen Betriebsstätten-Finanzämter erließ das beklagte Finanzamt entsprechende Änderungsbescheide "über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer". Jeweils in demselben Bescheid setzte es im Verfügungsteil zugleich Zinsen zur Einkommensteuer 2000, 2004,2005 und 2008 fest. In dem jeweiligen Erläuterungstext der Bescheide führte es aus, die Zinsen würden gem. § 233a AO festgesetzt.

Der Kläger legte wegen der Höhe des dabei zu Grunde gelegten Zinssatzes von 0,5 % monatlich Einsprüche ein. Er verwies dazu auf das Revisionsverfahren Az.: IX R 31/13. Das Finanzamt fasste die Einsprüche als gegen die Zinsbescheide gerichtet auf. Nach Ergehen des BFH-Urteils im o.g. Revisionsverfahren wies es die Einsprüche unter Hinweis auf die Begründung des BFH als unbegründet zurück.

Der Kläger war weiterhin der Ansicht, es bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Zinssatz von 0,5 % pro Monat zumindest insoweit, als der Zeitraum nach dem 21.3.2011 betroffen sei. Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat in den angefochtenen Zinsfestsetzungen zu Recht den Zinssatz des § 238 Abs. 1 S. 1 AO i.H.v. 0,5 % für jeden Monat zugrunde gelegt. Dieser begegnete jedenfalls im hier streitbefangenen Zinszeitraum vom 1.1.2014 bis zum 22.9.2014 (betreffend Einkommensteuer 2008) bzw. bis zum 29.9.2014 (Einkommensteuer 2000, 2004 und 2005) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Das BVerfG hat mit Nichtannahmebeschluss vom 3.9.2009 (1 BvR 2539/07) entschieden, dass der durch den Gesetzgeber im Interesse der Praktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung typisierend auf 0,5 % pro Monat festgesetzte Zinssatz, der immerhin zugunsten wie zulasten des Steuerpflichtigen gilt, rechtsstaatlich unbedenklich ist und keinen Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Übermaßverbot darstellt. Es entspricht danach gerade der Absicht des Gesetzgebers, dass der konkrete Zinsvorteil oder -nachteil für den Einzelfall nicht ermittelt werden muss. Entsprechend haben sowohl der I. Senat des BFH (Urt. v. 20.4.2011, Az.: I R 80/10) als auch der IX. Senat des BFH (Urt. v. 1.7. 2014, Az.: IX R 31/13), bestätigt durch Urteil vom 14.4.2015 (Az.: IX R 5/14) entschieden.

Allerdings war die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die grundsätzliche Bedeutung ergibt sich schon angesichts des weiter andauernden Niedrigzinsniveaus in den hier streitigen Zinsmonaten (in direktem zeitlichem Anschluss an die Monate ab Dezember 2013, über die der BFH im Beschluss vom 19.2.2016 (Az.: X S 38/15 - PKH) entschieden hat. Sie folgt auch aus der vom Kläger und Teilen der Literatur so verstandenen Ausführungen des BFH in seinem Urteil vom 14.4.2015 (Az.: IX R 5/14), dass der IX. Senat für Folgemonate wie die hier streitbefangenen von einer notwendigen verfassungsrechtlichen Überprüfung überzeugt zu sein scheine.

Des Weiteren ergibt sich die grundsätzliche Bedeutung auch aus den ungewöhnlich zahlreichen Anfragen beim Gericht zum vorliegenden Verfahren betreffend, was dessen Breitenwirkung darlegt. Zudem ist unter dem Az. III R 10/16 bereits ein Revisionsverfahren anhängig, in dem die Frage der Verfassungswidrigkeit des hier streitbefangenen Zinssatzes mit zur Entscheidung ansteht (Vorinstanz FG Düsseldorf, Urt. v. 10.3.2016 (Az.: 16 K 2976/14 AO). Schließlich wird im Rahmen eines anhängigen Verfahrens beim BVerfG (1 BvR 2237/14) die Höhe des Zinssatzes von Nachforderungszinsen zur Gewerbesteuer für 2003 überprüft.

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