29.04.2015

Zinsswap-Geschäfte gehören nicht zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Einnahmen aus außerhalb der Veräußerungsfrist getätigten Finanztermingeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG a.F. sind einkommensteuerrechtlich mit Blick auf § 23 Abs. 2 S. 1 EStG nicht schon deshalb den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen, weil die den Einnahmen zu Grunde liegenden Geschäfte ursprünglich der Absicherung des Risikos steigender Zinsen im Zusammenhang mit der Finanzierung von Anschaffungskosten fremdvermieteter Immobilienobjekte dienten.

BFH 13.1.2015, IX R 13/14
Der Sachverhalt:
Die klagende vermögensverwaltende GbR erzielte u.a. Einkünfte aus der Vermietung von Immobilien. Die Anschaffungskosten der vermieteten Objekte wurden zum Teil über Darlehen mit variablem Zinssatz finanziert. Zur Absicherung des Risikos steigender Zinsen schloss die Klägerin mit den darlehensgewährenden Banken sog. Zinsswaps ab. Zinsswaps sind Finanztermingeschäfte, bei denen zwei Parteien Vereinbarungen über den regelmäßigen Austausch variabler und fixer Zinszahlungen über einen vereinbarten Nominalbetrag für eine bestimmte Laufzeit treffen.

Die den Zinsswaps zu Grunde liegenden Verträge waren auf die Finanzierung der jeweiligen Immobilie abgestimmt. Im Jahr 2007 (Streitjahr) und damit außerhalb der gesetzlichen Veräußerungsfrist von einem Jahr löste die Klägerin die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Zinsswaps durch einseitige Kündigungserklärung gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei auf; durch die Beendigung der Finanztermingeschäfte flossen der Klägerin Ausgleichszahlungen i.H.v. rd. 2,3 Mio. € zu. Die zur Finanzierung der Anschaffungskosten der vermieteten Objekte aufgenommenen Darlehen blieben unverändert bestehen; sie wurden insbesondere auch nicht durch die Ausgleichszahlungen ganz oder teilweise getilgt.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Ausgleichszahlungen, die sie aus den verschiedenen Zinsswap-Geschäften erzielt hatte, als außerhalb der Veräußerungsfrist getätigte (und daher nicht steuerbare) sog. "private Veräußerungsgeschäfte" i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG a.F. einkommensteuerlich nicht zu erfassen seien. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Meinung, dass die Zahlungen den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) zuzurechnen seien, weil die den Einnahmen zu Grunde liegenden Sicherungsgeschäfte im Zusammenhang mit der Finanzierung von Anschaffungskosten fremdvermieteter Immobilienobjekte gestanden hätten.

Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die der Klägerin zugeflossenen Ausgleichszahlungen nicht deren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind.

Der im Streitfall steuerrechtlich zu beurteilende veräußerungsähnliche Vorgang - die Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich - ist gegenüber einer durch § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erfassten Nutzungsüberlassung abzugrenzen. Im Gegensatz zu dem von § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erfassten - und als "Vermietung und Verpachtung" umschriebenen - zeitlich begrenzten Überlassen zur Nutzung steht der in § 23 EStG geregelte Veräußerungsvorgang, der als Verfügung auf den Bestand eines Rechts unmittelbar einwirkt. So führt die Veräußerung eines ursprünglich im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wirtschaftsguts des Privatvermögens nicht zu Einkünften i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, sondern stellt einen nicht einkommensteuerbaren Vorgang in der Vermögenssphäre dar, sofern nicht die Voraussetzungen der §§ 22 Nr. 2, 23 EStG vorliegen.

Denn der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nicht gegeben, soweit ein Geldzufluss allein oder ganz überwiegend durch die Veräußerung eines zum Privatvermögen gehörenden Wirtschaftsguts veranlasst ist. Diese Differenzierung ist systemtragend und beschreibt die Grenze zwischen nicht steuerbarer Vermögenssubstanz und steuerbarer Vermögensnutzung. Vor diesem Hintergrund schließen sich die Regelungen des § 21 und des § 23 gegenseitig aus

Vorliegend waren die der Klägerin zugeflossenen Ausgleichszahlungen kein Entgelt für eine Nutzungsüberlassung, sondern allein durch die Beendigung des mit den Zinsswaps vertraglich erworbenen Rechts auf die Ausgleichszahlungen veranlasst. Die Ausübung des Kündigungsrechts durch die Klägerin stellt eine Verfügung über den Bestand des Rechts dar, der von Gesetzes wegen einer Veräußerung gleichgestellt ist und nur unter den Voraussetzungen des § 23 EStG der Besteuerung unterliegt. Da diese Voraussetzungen wegen des Überschreitens der in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG a.F. geregelten Veräußerungsfrist nicht erfüllt waren, musste die Klägerin die vereinnahmten Ausgleichszahlungen nicht versteuern.

Nach geänderter Rechtslage sind Einnahmen aus Zinsswaps ab 1.1.2009 ohne Berücksichtigung von Veräußerungsfristen als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig.

Linkhinweis:

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BFH PM Nr. 29 vom 29.4.2015
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