Zolltarifliche Einreihung eines Internetradios
FG Düsseldorf 25.7.2018, 4 K 37/17 ZMit verbindlicher Zolltarifauskunft (vZTA) vom 25.4.2016 hatte die zuständige niederländische Zollbehörde ein Gerät, das die Klägerin als Wireless LAN Internet-Radio vertrieb, der Unterposition 8527 91 19 der Kombinierten Nomenklatur (KN) zugewiesen. Die Klägerin legte gegen die vZTA den Rechtsbehelf der ersten Stufe nach Art. 44 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 der Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK) ein. Über den Rechtsbehelf wurde noch nicht entschieden.
Am 22.6.2016 beantragte die Klägerin beim Zollamt die Überlassung einer Sendung zum zollrechtlich freien Verkehr, die aus sechs in einzelnen Kartons verpackten Geräten bestand. Die Internetradios bestanden zum einen aus Geräten, für die die o.a. vZTA erlassen worden war, und zum anderen aus Geräten, die die Klägerin als WiFi Stereo Internet-Radio vertrieb. Das Zollamt war der Ansicht, die Geräte gehörten, da sie einen FM-/DAB-Tuner enthielten, in die Position 8527. Sie bildeten nämlich zusammen mit den mitgelieferten Waren (Steckernetzteil, Infrarot-Fernbedienung) eine funktionelle Einheit im Sinne der Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI. Zusammen mit dem Audioanschlusskabel, der Bedienungsanleitung und einer Garantiekarte in einer gemeinsamen Verkaufsumschließung liege eine Warenzusammenstellung nach der Allgemeinen Vorschrift (AV) 3 b) vor, die nach dem charakterbestimmenden Bestandteil, dem Rundfunkempfangsgerät einzureihen sei.
Die Geräte gehörten in die Unterposition 8527 91. Die Erläuterungen zum Harmonisierten System (Erl (HS)) zu Position 8519 Rzn. 14.0 und 15.0) bestätigten, dass Geräte, die Halbleiter-Aufzeichnungsträger wie etwa USB-Sticks verwendeten, die Funktion eines Tonwiedergabegeräts der Position 8519 ausübten. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Tonwiedergabe von auf einer Datenverarbeitungsmaschine gespeicherten Tondateien oder vom Internetradio (sog. Audiostreaming) erfolge. Dies ergebe sich aus Anhang Nr. 3 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 69/2013 der Kommission vom 23. Januar 2013 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (DVO 69/2013). Eine Einreihung als Radiowecker der Unterposition 8527 92 scheide daher aus.
Die Klägerin war weiterhin der Ansicht, die Ware sei der Unterposition 8527 92 10 KN zuzuweisen. Die Geräte seien auf Grund ihres USB-Anschlusses nicht mit einem Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegerät kombiniert, denn sie wiesen keinen Speicher auf, zumal ein USB-Stick nicht mitgeliefert werde. Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Klägerin ist zu Recht für den festgesetzten Zoll in Anspruch genommen worden.
Die Internetradios gehören in die Unterposition 8527 91 und innerhalb dieser in die Unterposition 8527 91 19 KN, denn sie sind Rundfunkempfangsgeräte, die mit Tonwiedergabegeräten kombiniert sind. Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung (s. Urt. v. 25.7.2018 C-445/17) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der Kombinierten Nomenklatur und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind. Geht es wie im Streitfall um die Einreihung in die zutreffende Unterposition, sind der Wortlaut der Unterpositionen und die AV sinngemäß maßgebend. Dabei gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln.
Infolgedessen stellt sich das WiFi Stereo Internet-Radio als eine kombinierte und mehrfunktionale Maschine i.S.v. Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI dar. Das Gerät ist seiner Beschaffenheit nach dazu bestimmt, mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen) auszuführen, nämlich den Empfang von DAB- und UKW-Rundfunk über Antenne sowie den Empfang von Daten- und Audiosignalen verschiedener Formate über ein lokales Funk- oder drahtgebundenes Netzwerk sowie die Wiedergabe von Rundfunk oder empfangenen Audiosignalen. Hinzu kommt noch die Wiedergabe von Audiodateien über die an den USB-Anschluss angeschlossenen Geräte. Das Gerät besteht aus drei Maschinen, die zusammen arbeiten sollen und, da sie in einem Gehäuse vereint sind, ein Ganzes bilden, nämlich aus einem Rundfunk- und Audiosignalempfangsgerät, einem Tonwiedergabegerät zur Wiedergabe von Audiodateien auch über den USB-Anschluss mit den vorstehend bezeichneten Funktionen und aus einer Uhr mit Weckfunktion.
Kann ein Gerät wie das hier zu beurteilende Internetradio Daten- und Audiosignale verschiedener Formate über ein lokales Funk- oder drahtgebundenes Netzwerk empfangen, konvertieren und wiedergeben, erfüllt es die Funktionen eines Tonwiedergabegeräts i.S.d. Position 8519. Gleiches gilt, soweit mit dem streitgegenständlichen Internetradio über dessen USB-Anschluss Audiodaten aus über diese Quellen angeschlossenen Geräten wiedergegeben werden. Insoweit ist weder ein festes Speichermedium für die Tondateien noch eine feste Speicherung dieser Dateien im Tonwiedergabegerät nötig. Tonwiedergabegeräte können auch an eine automatische Datenverarbeitungsmaschine zum Herunterladen von MP3-Dateien oder vergleichbarer Dateien angeschlossen sein. Ebenso können die Audiodateien in einem Gerät gespeichert sein, das an den USB-Anschluss des streitgegenständlichen Internetradios angeschlossen ist.
Dass die Position 8519 weder ein festes Speichermedium für die Tondateien noch eine feste Speicherung dieser Dateien im Tonwiedergabegerät selbst oder durch einen in dieses Gerät einzulegenden Datenträger verlangt, hat der EuGH bestätigt (Urt. v. 17.3.2016, C-84/15). Danach darf die Quelle der von dem Gerät wiedergegebenen Töne aus dem Internet oder von einem anderen Gerät, mit dem es das lokale Netzwerk teilt, oder von einem Gerät, mit dem es verbunden ist, stammen. Der Einreihung in die Unterposition 8527 91 steht nicht entgegen, dass die jeweiligen Funktionen, Rundfunkempfangsgerät und Tonwiedergabegerät nicht äußerlich erkennbar getrennten Geräteeinheiten zugeordnet werden können, sondern in einem gemeinsamen Gehäuse zusammengefasst und nur über ein gemeinsames Bedienfeld auszuwählen sind.
Linkhinweis:
- Der Volltext des Urteils ist erhältlich unter www.nrwe.de-Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW.
- Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.