29.09.2022

Zollwertermittlung - Grenzüberschreitende Geschäfte zwischen verbundenen Unternehmen - Vorabverständigung über Verrechnungspreise (Advance Pricing Agreement)

1. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil Hamamatsu Photonics Deutschland vom 20.12.2017 - C-529/16, EU:C:2017:984, ZfZ 2018, 68) lassen es die Art. 28 bis 31 ZK nicht zu, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird.
2. Dies gilt auch für die Wertermittlung nach der Schlussmethode gemäß Art. 31 ZK. Denn steht im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nicht fest, ob am Ende des Abrechnungszeitraums überhaupt eine Berichtigung vorzunehmen sein wird und ob, falls dies der Fall ist, die Berichtigung nach oben oder nach unten zu erfolgen hat, dann ist ein demzufolge erst noch zu ermittelnder Warenwert im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nicht i.S. von Art. 8 Abs. 3 des Übereinkommens zur Durchführung des Art. VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 quantifizierbar.

Kurzbesprechung
BFH v. 17. 5. 2022 - VII R 2/19

ZK Art 28, Art. 29, Art. 30, Art. 31, Art 78 Abs 1, Art 201, Art 214 Abs 1, Art 236 Abs 1 UAbs 1,
EWGV 2913/92 Art 28, 2913/92 Art 29, 2913/92 Art 30, 2913/92 Art 31, 2913/92 Art 78 Abs 1, 2913/92 Art 201, 2913/92 Art 214 Abs 1, 2913/92 Art 236 Abs 1 UAbs 1, 2454/93 Art 143 Abs 1, 2454/93 Art 145 Abs 2, 2454/93 Art 148, 2454/93 Art 878ff, 2454/93 Art 878
ZKDV Art 143 Abs 1, Art 145 Abs 2, Art 148, Art 878ff, Art 878
GATTAbkArtVIIDVÜbk Art 8 Abs 3
AEUV Art 267


Streitig war die Erstattung von Zoll und über den Zollwert von Waren, die von Oktober 2009 bis September 2010 eingeführt wurden. Das Hauptzollamt lehnte die beantragte Erstattung ab, der BFH bestätigte diese Entscheidung.

Einfuhrabgaben sind nach Art. 236 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK i.V.m. Art. 878 ff. ZKDVO u.a. dann zu erstatten, wenn nachgewiesen wird, dass der Abgabenbetrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war. Der Begriff der Erstattung schließt gemäß Art. 235 Buchst. a ZK auch die Erstattung eines Teils der entrichteten Einfuhrabgaben mit ein. Zudem ermöglicht Art. 78 Abs. 1 ZK den Zollbehörden, nach der Überlassung der Waren von Amts wegen oder auf Antrag des Anmelders eine Überprüfung der Anmeldung vorzunehmen.

Ein Abgabenbetrag ist i.S. von Art. 236 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK gesetzlich geschuldet, wenn eine Zollschuld unter den in Titel VII Kap. 2 ZK festgelegten Voraussetzungen entstanden ist und der Betrag dieser Abgaben durch Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs gemäß den Vorschriften des Titels II ZK bestimmt werden konnte.

Streitig war im Streitfall allein der Zollwert. Die Ermittlung des Zollwerts richtet sich nach den in Art. 29 ff. ZK geregelten Methoden (vgl. Art. 28 ZK). Vorrangig anzuwenden ist danach die Transaktionswertmethode gemäß Art. 29 ZK. Kann der Zollwert nicht nach der Transaktionswertmethode ermittelt werden, kommen die in Art. 30 ZK beschriebenen Folgemethoden (nachrangige Methoden) zur Anwendung. Falls der Zollwert auch danach nicht bestimmt werden kann, ist die Schlussmethode nach Art. 31 ZK anzuwenden.

Im Streitfall waren die Voraussetzungen einer Erstattung nach Art. 236 Abs. 1 ZK nicht erfüllt. Denn die Abgabenschuldnerin hatte nicht nachgewiesen, dass die von ihr entrichtete Zollschuld im Zeitpunkt der Annahme der jeweiligen Zollanmeldung nicht gesetzlich geschuldet gewesen ist. Ferner hatte sie nicht nachgewiesen, dass die eingeführten Waren im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen einen niedrigeren Wert hatten.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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