Zu den Anforderungen an die steuerliche Anerkennung eines geringfügigen Ehegattenarbeitsverhältnisses
Kurzbesprechung
BFH v. 18.11.2020 - VI R 28/18
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 u.2
Grundsätzlich sind bei gegenseitigen Verträgen die zivilrechtlichen Vereinbarungen auch für Zwecke der Besteuerung maßgebend. Fehlt es allerdings an einem natürlichen Interessengegensatz der Vertragsparteien, was insbesondere innerhalb des Familienverbundes in Betracht kommt, bedarf es einer --am Maßstab des Fremdvergleichs ausgerichteten-- Überprüfung, inwieweit Zahlungen wirtschaftlich durch die Einkunftserzielung veranlasst sind oder ob sie aus sonstigen Rechtsgründen erbracht werden.
Eine derartige Überprüfung hat zu berücksichtigen, ob die Vereinbarungen zivilrechtlich wirksam, klar und eindeutig sind, ihrem Inhalt nach dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen und auch tatsächlich durchgeführt werden. Diese Anforderungen beruhen auf der Überlegung, dass es innerhalb eines Familienverbundes typischerweise an einem Interessengegensatz fehlt und zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten steuerlich missbraucht werden können.
Jedoch schließt nicht jede Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus, vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen. Bei der Prüfung der Fremdüblichkeit der Vertragsbedingungen ist auch der Anlass des Vertragsschlusses mit zu berücksichtigen. Bedeutung kommt außerdem der Frage zu, ob es sich um ein Rechtsgeschäft unter volljährigen, voneinander insbesondere wirtschaftlich unabhängigen Verwandten oder um eine Vereinbarung mit minderjährigen Kindern des Steuerpflichtigen handelt. Maßgebend für die Beurteilung, ob Verträge zwischen nahen Angehörigen durch die Einkunftserzielung veranlasst oder aber durch private Zuwendungs- oder Unterhaltsüberlegungen motiviert sind, ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten.
In Bezug auf Arbeitsverhältnisse sind Lohnzahlungen an einen im Betrieb oder Beruf des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) abziehbar, wenn der Angehörige aufgrund eines wirksamen, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechenden Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Steuerpflichtige seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt. Dabei ist die Intensität der Prüfung der Fremdüblichkeit der Vertragsbedingungen auch vom Anlass des Vertragsschlusses abhängig. Hätte der Steuerpflichtige im Falle der Nichtbeschäftigung seines Angehörigen einen fremden Dritten einstellen müssen, ist der Fremdvergleich weniger strikt durchzuführen, als wenn der Angehörige für solche Tätigkeiten eingestellt wird, die üblicherweise vom Steuerpflichtigen selbst oder unentgeltlich von Familienangehörigen erledigt werden.
Zwischen der Ehefrau und dem Ehemann bestanden im Streitjahr zivilrechtlich wirksame Arbeitsverträge. Das Arbeitsverhältnis entsprach auch inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen. Der BFH entschied, dass das FG auch die vertragsgemäße Durchführung des Ehegattenarbeitsverhältnisses nicht mit der gegebenen Begründung hätte verneinen dürfen.
Das FG hatte seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass in den Stundenzetteln eine Bandbreite von 0,75 bis 5 Stunden täglich aufgezeichnet worden sei, ohne dass der unterschiedliche Zeitaufwand plausibilisiert und leicht für jedermann nachprüfbar sei. Bei dieser Argumentation übersieht das FG, dass die Stundenzettel (nur) einen Beleg für die von der Ehefrau tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten darstellen und die Rechtsprechung des BFH Stundenzettel zum Nachweis der vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitsleistung ausdrücklich anerkannt hat. Arbeitszeitdokumentationen, z.B. durch Stundenzettel, haben die Funktion, dem Steuerpflichtigen den Nachweis zu ermöglichen, dass der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht erfüllt hat. Daraus kann im Umkehrschluss allerdings nicht gefolgert werden, die Führung solcher Arbeitszeitnachweise sei für die Anerkennung des Arbeitsverhältnisses zwingend erforderlich. Damit würde das Vorhandensein von Arbeitszeitaufzeichnungen zu Unrecht in den Rang eines Tatbestandsmerkmals erhoben.
Die Nichtanerkennung eines Ehegattenarbeitsverhältnisses kann dementsprechend nicht (allein) auf eine fehlende Arbeitszeitdokumentation gestützt werden und damit erst recht nicht darauf, dass vorhandene Arbeitszeitnachweise (angeblich) unzureichend seien. Darüber hinaus muss für die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen auf den Stundenzetteln auch grundsätzlich nicht vermerkt werden, welche Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer während der Arbeitszeiten konkret geleistet hat. Denn derart detaillierte Arbeitszeitaufzeichnungen sind auch bei Arbeitsverhältnissen zwischen fremden Dritten in der Regel nicht üblich. Dies gilt insbesondere für (geringfügige) Beschäftigungsverhältnisse, die --wie im Streitfall-- einfache Büroarbeiten zum Gegenstand haben.
Der Umstand, dass die aufgezeichneten Arbeitszeiten der Ehefrau von Tag zu Tag teilweise stark variierten, spricht ebenfalls nicht gegen die Durchführung des Arbeitsverhältnisses oder den Beweiswert der vorgelegten Stundenzettel. Denn dies kann ohne weiteres auch darin begründet sein, dass die Arbeitszeiten von den beruflichen Erfordernissen des Steuerpflichtigen abhängen und auf die Eigenart des Arbeitsverhältnisses zurückzuführen sind.
Der BFH stellte heraus, dass das FG die Darlegungsanforderungen überspannt, wenn es meint, der Steuerpflichtige müsse für die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen konkret darlegen, wann genau welche Tätigkeiten ausgeübt worden seien. Eine solche Darlegungsanforderung ließe sich nur erfüllen, wenn der Steuerpflichtige durchgehend aufzeichnen würde, welche konkrete Arbeitsleistung der mitarbeitende Angehörige zu jeder einzelnen Arbeitsstunde tatsächlich erbracht hat. Dies kann vom Steuerpflichtigen indessen nicht verlangt werden. Die Anerkennung eines Angehörigenarbeitsverhältnisses erfordert nicht die Vorlage eines einem Fahrtenbuch vergleichbaren Arbeitsnachweises. Sie setzt keine "auf die jeweiligen Tage bezogene substantiierte Auflistung" der geleisteten Arbeiten voraus.
Durch die Zurückverweisung der nicht entscheidungsreifen Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung erhält das FG nun Gelegenheit, im Rahmen einer Gesamtwürdigung erneut zu prüfen, ob das Arbeitsverhältnis zwischen dem Ehemann und der Ehefrau hinsichtlich der geschuldeten Arbeitsleistung tatsächlich im Wesentlichen fremdüblich durchgeführt worden ist. Hierzu bietet sich auch eine Anhörung bzw. Beteiligtenvernehmung der Ehefrau und ggf. eine Vernehmung der im ersten Rechtsgang von den Eheleuten benannten Zeuginnen an.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 u.2
Grundsätzlich sind bei gegenseitigen Verträgen die zivilrechtlichen Vereinbarungen auch für Zwecke der Besteuerung maßgebend. Fehlt es allerdings an einem natürlichen Interessengegensatz der Vertragsparteien, was insbesondere innerhalb des Familienverbundes in Betracht kommt, bedarf es einer --am Maßstab des Fremdvergleichs ausgerichteten-- Überprüfung, inwieweit Zahlungen wirtschaftlich durch die Einkunftserzielung veranlasst sind oder ob sie aus sonstigen Rechtsgründen erbracht werden.
Eine derartige Überprüfung hat zu berücksichtigen, ob die Vereinbarungen zivilrechtlich wirksam, klar und eindeutig sind, ihrem Inhalt nach dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen und auch tatsächlich durchgeführt werden. Diese Anforderungen beruhen auf der Überlegung, dass es innerhalb eines Familienverbundes typischerweise an einem Interessengegensatz fehlt und zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten steuerlich missbraucht werden können.
Jedoch schließt nicht jede Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus, vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen. Bei der Prüfung der Fremdüblichkeit der Vertragsbedingungen ist auch der Anlass des Vertragsschlusses mit zu berücksichtigen. Bedeutung kommt außerdem der Frage zu, ob es sich um ein Rechtsgeschäft unter volljährigen, voneinander insbesondere wirtschaftlich unabhängigen Verwandten oder um eine Vereinbarung mit minderjährigen Kindern des Steuerpflichtigen handelt. Maßgebend für die Beurteilung, ob Verträge zwischen nahen Angehörigen durch die Einkunftserzielung veranlasst oder aber durch private Zuwendungs- oder Unterhaltsüberlegungen motiviert sind, ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten.
In Bezug auf Arbeitsverhältnisse sind Lohnzahlungen an einen im Betrieb oder Beruf des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) abziehbar, wenn der Angehörige aufgrund eines wirksamen, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechenden Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Steuerpflichtige seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt. Dabei ist die Intensität der Prüfung der Fremdüblichkeit der Vertragsbedingungen auch vom Anlass des Vertragsschlusses abhängig. Hätte der Steuerpflichtige im Falle der Nichtbeschäftigung seines Angehörigen einen fremden Dritten einstellen müssen, ist der Fremdvergleich weniger strikt durchzuführen, als wenn der Angehörige für solche Tätigkeiten eingestellt wird, die üblicherweise vom Steuerpflichtigen selbst oder unentgeltlich von Familienangehörigen erledigt werden.
Zwischen der Ehefrau und dem Ehemann bestanden im Streitjahr zivilrechtlich wirksame Arbeitsverträge. Das Arbeitsverhältnis entsprach auch inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen. Der BFH entschied, dass das FG auch die vertragsgemäße Durchführung des Ehegattenarbeitsverhältnisses nicht mit der gegebenen Begründung hätte verneinen dürfen.
Das FG hatte seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass in den Stundenzetteln eine Bandbreite von 0,75 bis 5 Stunden täglich aufgezeichnet worden sei, ohne dass der unterschiedliche Zeitaufwand plausibilisiert und leicht für jedermann nachprüfbar sei. Bei dieser Argumentation übersieht das FG, dass die Stundenzettel (nur) einen Beleg für die von der Ehefrau tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten darstellen und die Rechtsprechung des BFH Stundenzettel zum Nachweis der vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitsleistung ausdrücklich anerkannt hat. Arbeitszeitdokumentationen, z.B. durch Stundenzettel, haben die Funktion, dem Steuerpflichtigen den Nachweis zu ermöglichen, dass der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht erfüllt hat. Daraus kann im Umkehrschluss allerdings nicht gefolgert werden, die Führung solcher Arbeitszeitnachweise sei für die Anerkennung des Arbeitsverhältnisses zwingend erforderlich. Damit würde das Vorhandensein von Arbeitszeitaufzeichnungen zu Unrecht in den Rang eines Tatbestandsmerkmals erhoben.
Die Nichtanerkennung eines Ehegattenarbeitsverhältnisses kann dementsprechend nicht (allein) auf eine fehlende Arbeitszeitdokumentation gestützt werden und damit erst recht nicht darauf, dass vorhandene Arbeitszeitnachweise (angeblich) unzureichend seien. Darüber hinaus muss für die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen auf den Stundenzetteln auch grundsätzlich nicht vermerkt werden, welche Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer während der Arbeitszeiten konkret geleistet hat. Denn derart detaillierte Arbeitszeitaufzeichnungen sind auch bei Arbeitsverhältnissen zwischen fremden Dritten in der Regel nicht üblich. Dies gilt insbesondere für (geringfügige) Beschäftigungsverhältnisse, die --wie im Streitfall-- einfache Büroarbeiten zum Gegenstand haben.
Der Umstand, dass die aufgezeichneten Arbeitszeiten der Ehefrau von Tag zu Tag teilweise stark variierten, spricht ebenfalls nicht gegen die Durchführung des Arbeitsverhältnisses oder den Beweiswert der vorgelegten Stundenzettel. Denn dies kann ohne weiteres auch darin begründet sein, dass die Arbeitszeiten von den beruflichen Erfordernissen des Steuerpflichtigen abhängen und auf die Eigenart des Arbeitsverhältnisses zurückzuführen sind.
Der BFH stellte heraus, dass das FG die Darlegungsanforderungen überspannt, wenn es meint, der Steuerpflichtige müsse für die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen konkret darlegen, wann genau welche Tätigkeiten ausgeübt worden seien. Eine solche Darlegungsanforderung ließe sich nur erfüllen, wenn der Steuerpflichtige durchgehend aufzeichnen würde, welche konkrete Arbeitsleistung der mitarbeitende Angehörige zu jeder einzelnen Arbeitsstunde tatsächlich erbracht hat. Dies kann vom Steuerpflichtigen indessen nicht verlangt werden. Die Anerkennung eines Angehörigenarbeitsverhältnisses erfordert nicht die Vorlage eines einem Fahrtenbuch vergleichbaren Arbeitsnachweises. Sie setzt keine "auf die jeweiligen Tage bezogene substantiierte Auflistung" der geleisteten Arbeiten voraus.
Durch die Zurückverweisung der nicht entscheidungsreifen Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung erhält das FG nun Gelegenheit, im Rahmen einer Gesamtwürdigung erneut zu prüfen, ob das Arbeitsverhältnis zwischen dem Ehemann und der Ehefrau hinsichtlich der geschuldeten Arbeitsleistung tatsächlich im Wesentlichen fremdüblich durchgeführt worden ist. Hierzu bietet sich auch eine Anhörung bzw. Beteiligtenvernehmung der Ehefrau und ggf. eine Vernehmung der im ersten Rechtsgang von den Eheleuten benannten Zeuginnen an.