Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Anzeige nach dem GrEStG
FG Düsseldorf 21.11.2012, 7 K 3613/12 GEMit notarieller Urkunde vom 3.9.2007 erwarb der Kläger von Frau B, handelnd für sich in eigenem Namen und als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der Firma C-GmbH, sämtliche Geschäftsanteile der C-GmbH zum Kaufpreis von 1 €. Zum Vermögen der GmbH gehört ein Grundstück. Mit Bescheid vom 3.11.2011 setzte das Finanzamt gegenüber dem Kläger Grunderwerbsteuer fest. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, der Kläger habe mit dem Vertrag vom 3.9.2007 alle Anteile an der GmbH erworben, so dass Grunderwerbssteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG entstanden sei. Der Grundbesitzwert werde in einem Feststellungsbescheid noch gesondert festgesetzt. Die Schätzung des Wertes beruhe auf einer Grundbesitzwertfeststellung aus dem Jahr 2006.
Nachdem der Kläger nach Eingang einer Mahnung des Finanzamts mitteilte, einen Bescheid nicht erhalten zu haben, wurde der Bescheid am 23.1.2012 erneut an die Adresse der C-GmbH bekanntgegeben. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Die Festsetzungsfrist sei abgelaufen. Der Erwerbsvorgang sei dem Finanzamt bereits 2007 bekannt geworden. Das Finanzamt habe nicht zuletzt aufgrund einer vorhergehenden 100-Prozent-Übernahme der Gesellschaftsanteile gewusst, dass durch die erneute 100-Prozent-Übernahme wieder Grunderwerbssteuer ausgelöst würde.
Ausweislich der Steuerakten der C-GmbH habe der Notar das Finanzamt Z am 6.9.2007 über die Abtretung des GmbH-Anteils in Kenntnis gesetzt und eine beglaubigte Kopie der UR-Nr. 1/2007 übersandt. Das Schreiben ist adressiert an das beklagte Finanzamt mit dem Betreff "Firma C GmbH". Am 13.9.2007 erfolgte eine Kontrollmitteilung für Zwecke der Grunderwerbssteuer durch die Körperschaftssteuerstelle des Finanzamts an die Grunderwerbssteuerstelle unter Übersendung des Vertrages. Das Finanzamt ist hingegen der Ansicht, es sei keine Anzeige erfolgt, die den Anforderungen des § 20 GrEStG genüge. Aus dem Schreiben des Notars habe sich kein Hinweis auf ein der GmbH gehörendes Grundstück ergeben.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Mit der Übertragung aller Geschäftsanteile an der grundbesitzhaltenden C-GmbH auf den Kläger liegt ein Erwerbsvorgang gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG vor. Bemessungsgrundlage der Steuer ist der Grundbesitzwert gem. § 138 BewG, § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG. Das Finanzamt hat den Wert entsprechend der Bedarfswertfeststellung im Feststellungszeitpunkt 2006 geschätzt; dies ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. Der Bescheid ist auch innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen.
Die Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO). Die Festsetzungsfrist beginnt gem. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Abweichend hiervon bestimmt § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO u.a. für Fälle, in denen eine Anzeige zu erstatten ist, dass die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten auf die Steuerentstehung folgenden Kalenderjahres. § 19 GrEStG begründet eine solche gesetzliche Anzeigepflicht.
Nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 GrEStG müssen Steuerschuldner Anzeige erstatten über Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übertragung von mindestens 95 Prozent der Anteile einer Gesellschaft begründen, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein Grundstück gehört. Die Anzeige ist gem. § 19 Abs. 4 S. 1 GrEStG an das für die Besteuerung zuständige Finanzamt zu richten. Nach § 19 Abs. 5 S. 1 GrEStG ist die Anzeige eine Steuererklärung i.S.d. AO, die nach § 19 Abs. 5 S. 2 GrEStG schriftlich abzugeben ist. Sie muss den in § 20 GrEStG vorgeschriebenen Inhalt haben und insbes. das Grundstück nach Grundbuch, Kataster, Straße und Hausnummer bezeichnen sowie die Größe des Grundstücks und bei bebauten Grundstücken die Art der Bebauung sowie den Namen der Urkundsperson angeben (§ 20 Abs. 1 Nrn. 2, 3 und 6 GrEStG).
Eine ordnungsgemäße Anzeige ist im Streitfall nicht erfolgt. Zwar hat der Notar die Urkunde über die Übertragung der Geschäftsanteile an das beklagte Finanzamt geschickt. Das Schreiben war aber nicht an die Grunderwerbssteuerstelle gerichtet; es enthält auch keinen Hinweis auf die Übertragung eines Grundstücks mit den nach § 20 GrEStG notwendigen Angaben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH genügt zwar auch eine nicht ausdrücklich an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts adressierte Anzeige den Anforderungen, wenn diese sich nach ihrem Inhalt eindeutig an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts richtet. Dazu ist aber erforderlich, dass die Anzeige als eine solche nach dem GrEStG gekennzeichnet ist und ihrem Inhalt nach ohne weitere an die Grunderwerbsteuerstelle weiterzuleiten ist. Daran fehlt es vorliegend.
Die Übersendung der Urkunde an das Finanzamt - ohne konkrete Bezeichnung der Grunderwerbsteuerstelle als Adressat - unter dem Betreff "Firma C GmbH" und dem Hinweis auf die Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils stellt keine Kennzeichnung als Anzeige nach dem GrEStG dar. Dass der Bearbeiter der Körperschaftsteuerstelle, der für die GmbH zuständig war, an die Grunderwerbssteuerstelle eine Kontrollmitteilung für Zwecke der Grunderwerbsteuer geschickt hat, ersetzt die ordnungsgemäße Anzeige nach § 19 GrEStG nicht. Nicht das Finanzamt ist verpflichtet, anhand einer notariellen Übertragungsurkunde den grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang und das betroffene Grundstück zu ermitteln und die für die Steuerfestsetzung zuständigen Stelle darauf hinzuweisen, sondern der Beteiligte des Erwerbsvorgangs.
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