Zubereitungskosten für das Mittagessen im Wohnstift als steuerbegünstigte haushaltsnahe Dienstleistung
FG Baden-Württemberg 12.9.2012, 3 K 3887/11Die Beteiligten streiten darüber, ob 20 Prozent der Aufwendungen des Klägers für die Zubereitung und das Servieren des täglichen Mittagessens in einem Wohnstift als haushaltsnahe Dienstleistung von der festgesetzten Einkommensteuer abgezogen werden können.
Der im Jahr 1913 geborene Kläger ist Witwer. Er wohnte im Streitjahr (2010) in einem Appartement im Wohnstift. Trägerin der Einrichtung ist die gemeinnützige X-GmbH. Der Kläger nahm seine Mahlzeiten nicht in seinem Appartement ein, sondern in einem Speisesaal, der ihm nur als Gemeinschaftseinrichtung zur Verfügung stand. Außerdem erfolgte deren Zubereitung in einer hauseigenen Küche, zu der er aus organisatorischen und hygienischen Gründen keinen Zutritt hatte.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger bei den haushaltsnahen Dienstleistungen u.a. die Aufwendungen für die Zubereitung und das Servieren des täglichen Mittagsmenüs im "hauseigenen Restaurant oder im Appartement" geltend. Das Finanzamt folgte dem nicht. Die Dienstleistungen müssten im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Hieran fehle es im Streitfall, weil die Zubereitung der Speisen in einer Zentralküche erfolge und die Mahlzeiten in einem gemeinsamen Speiseraum serviert würden.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Die Zubereitung und das Servieren der Speisen erfolgte als haushaltsnahe Dienstleistungen - entgegen der Auffassung des Finanzamts - im Haushalt des Klägers i.S.d. § 35a Abs. 4 EStG. Diese Frage hatte das FG in seinem (rechtskräftig gewordenen) Urteil vom 8.3.2012, 6 K 4420/11 noch anders entschieden.
Das Tatbestandsmerkmal "im Haushalt" enthält eine Begrenzung der begünstigten Maßnahmen; unter § 35a Abs. 2 EStG fallende Maßnahmen (wie hier das Zubereiten und Servieren von Speisen) sind danach nur begünstigt, wenn sie "im räumlichen Bereich des Haushalts" erbracht werden. Die genaue Reichweite dieses räumlichen Bereichs ist durch die Rechtsprechung noch nicht abschließend definiert, geht jedoch jedenfalls über die Wohnung an sich hinaus. Aus der Rechtsprechung des BFH ergibt sich, dass haushaltsnahe Dienstleistungen, die auf Gemeinschaftsflächen eines Wohnstifts erbracht werden, begünstigt sind; denn es handelt sich dabei um Leistungen, die regelmäßig durch Haushaltsangehörige erbracht werden. I.Ü. sind auch nach Auffassung des BMF beim Wohnen im Wohnstift Leistungen außerhalb des Appartements begünstigt.
Ausgehend davon sind zunächst einmal die auf das Servieren der Speisen im Speisesaal entfallenden Aufwendungen begünstigt, weil das Servieren auf Gemeinschaftsflächen erfolgt, die dem Kläger mit zuzurechnen sind. Der Speisesaal steht dem Kläger als Bewohner ausdrücklich als Gemeinschaftseinrichtung während der Öffnungszeiten uneingeschränkt zur Verfügung; der Speisesaal ist deshalb seinem Haushalt mit zuzurechnen. Dass der Speisesaal Öffnungszeiten hat, ist zur Überzeugung des Senats unschädlich. Doch auch hinsichtlich der Kosten der Zubereitung des Mittagessens in der Küche liegt eine Dienstleistung "im Haushalt" des Klägers vor. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger Anspruch darauf hat, dass sein Mittagessen "in der hauseigenen Küche" zubereitet wird. Die Küche ist aufgrund dieser Vereinbarung Teil der Wohnanlage und deren Leistungen kommen auch dem Kläger zugute.
Zwar hat der Kläger keinen Zutritt zur Küche und es kann für die Zugehörigkeit eines Raums zu den Gemeinschaftsflächen maßgeblich sein, dass der Steuerpflichtige den Besitz über diesen Bereich ausübt. Dabei handelt es sich jedoch um hinreichende, aber nicht um notwendige Bedingungen für die Zurechnung eines Raums zu den Gemeinschaftsflächen und der Aufwendungen zu den begünstigten Aufwendungen. Das Zutrittsrecht und der Mitbesitz sprechen zwar als Indizien für die Zugehörigkeit zum Haushalt, wenn sie gegeben sind. Das fehlende Zutrittsrecht - hier: aus hygienischen Gründen - sprechen außerdem als Indizien gegen die Zurechnung eines Raums zu den Gemeinschaftsflächen. Sie schließen sie aber nicht per se aus. Vielmehr ist insoweit eine Gesamtwürdigung im Rahmen einer funktional wertenden Betrachtung erforderlich.
Für den Streitfall bedeutet dies, dass das fehlende Zutrittsrecht zur Küche zwar zunächst als Indiz durchaus dagegen spricht, dass die Küche eine Gemeinschaftsfläche ist, die zum Haushalt des Klägers gehört. Allerdings ergibt sich aus den vertraglichen Vereinbarungen des Klägers mit der X-GmbH, nach der der Kläger Anspruch auf die Zubereitung in einer hauseigenen - das heißt: zur Wohnanlage gehörenden - Küche hat, hier ausnahmsweise bei funktional wertender Betrachtung doch die Zugehörigkeit der Küche zu den Gemeinschaftsflächen und damit zum Haushalt.
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