12.04.2019

Zuflusszeitpunkt von Entschädigungen für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zur Sicherung eines Flutungsrechts

Entschädigungszahlungen für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, die das Recht dinglich absichert, das belastete Grundstück als Überflutungsfläche für den Betrieb der Hochwasserrückhaltung zu nutzen, sind im Zuflusszeitpunkt als Betriebseinnahme zu erfassen. Es handelt sich bei solchen Entschädigungszahlungen nicht um Einnahmen gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG, die auf einer Nutzungsüberlassung i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG beruhen.

BFH v. 21.11.2018 - VI R 54/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2011 u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die sie nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Am 30.11.2011 hatte sie vom Land eine Zahlung i.H.v. 17.729 € für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit in das Grundbuch erhalten. Das belastete Grundstück gehörte zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen der Klägerin. Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit räumte dem Land das Recht ein, die Fläche als Überflutungsfläche für den Betrieb der Hochwasserrückhaltung zu nutzen.  Als Entschädigung für die Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit wurde für den Flutungsraum ein Geldbetrag von 1 € pro Quadratmeter festgesetzt.

Die Klägerin konnte die landwirtschaftliche Nutzung des mit der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit belasteten Grundbesitzes innerhalb der Hochwasserrückhaltung in gleicher Art und Intensität wie zuvor fortsetzen. Bei Ertragsausfällen und Schäden an landwirtschaftlichen Flächen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Hochwasserrückhaltung war das Land zu Ausgleichszahlungen verpflichtet. Die Klägerin begehrte, die 17.729 € gleichmäßig auf einen Zeitraum von zehn Jahren gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG zu verteilen. Dies lehnte das Finanzamt jedoch ab und besteuerte den Betrag im Wirtschaftsjahr des Zuflusses. Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Gründe:
Die Zahlung des Landes an die Klägerin stellte eine steuerbare und steuerpflichtige Betriebseinnahme dar.

Die Anwendung des von der Klägerin geltend gemachten § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG sieht vor, dass der Steuerpflichtige Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen kann, für den die Vorauszahlung geleistet wird. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG betrifft Ausgaben "für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren". Diese Voraussetzungen waren im Streitfall jedoch nicht erfüllt.

Vielmehr handelte es sich bei den Einnahmen für eine Nutzungsüberlassung um Leistungen, die für eine Nutzung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen sowie Rechten erbracht werden. Der Begriff der Nutzung ist insbesondere von der Verwertung einer Sache oder eines Rechts abzugrenzen. Vorteile aus der Veräußerung oder anderweitigen (rechtsgeschäftlichen) Verwertungen einer Sache oder eines Rechts stellen somit keine Einnahmen aus einer Nutzungsüberlassung i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG dar. Gleiches gilt für Zahlungen, durch die eine (tatsächliche oder vermeintliche) Wertminderung ausgeglichen werden soll.

Die Klägerin hatte die Zahlung für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit erhalten, die das Recht des Landes dinglich absicherte, das belastete Grundstück als Überflutungsfläche für den Betrieb der Hochwasserrückhaltung zu nutzen. Die Zahlung stellte hiernach kein Entgelt für die (zeitlich begrenzte) Nutzung, sondern für die dauerhafte dingliche Belastung des Grundstücks dar. Die Zahlung erfolgte somit für die rechtsgeschäftliche Verwertung des Grundbesitzes durch dingliche Belastung.

Mit der Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit hatte die Klägerin ihre Gegenleistung für die Zahlung des Landes vollständig erbracht. So konnte sie insbesondere die Nutzung des Grundstücks für ihren landwirtschaftlichen Betrieb nach der Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit unverändert fortsetzen, ohne hieran durch eine Überlassung des Grundbesitzes an das Land gehindert zu sein. Zwar durfte das Land das Grundstück als Überflutungsfläche nutzen. Nach dem Planfeststellungsbeschluss trat ein solcher Überflutungsfall statistisch aber nur etwa fünf Mal im Jahrhundert auf.

Nach dem Planfeststellungsbeschluss wurde die Enteignung zudem zum Wohl der Allgemeinheit für zulässig erklärt. Eine Nutzungsüberlassung i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 EStG liegt jedoch nicht vor, wenn der Steuerpflichtige zur Vermeidung einer sonst zulässigen förmlichen Enteignung daran mitwirkt, durch vertragliche Vereinbarung eine dem Ergebnis eines möglichen Enteignungsverfahrens entsprechende Beschränkung seines Eigentums gegen Entschädigung (Entgelt) zu gestatten.

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