02.05.2016

Zum Abzug von Aufwendungen für ein von beiden Ehegatten für ihre jeweilige berufliche Tätigkeit genutztes häusliches Arbeitszimmer

Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben abziehen. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt.

FG Münster 15.3.2016, 11 K 2425/13 E,G
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind verheiratet und wurden für die Streitjahre 2008 bis 2010 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann erzielte aus einer nichtselbständigen Tätigkeit Einkünfte. Beide Kläger erzielten außerdem jeweils in der Rechtsform eines Einzelunternehmens als Versicherungsmakler Einkünfte aus  Gewerbebetrieb.

Bis April 2009 bewohnten die Eheleute ein gemeinsam angemietetes Haus. Im April 2009 zogen sie in ein allein vom Kläger erworbenes Hausgrundstück. In dem Haus nutzten sie einen 67 qm großen und als Büro ausgestatteten Raum gemeinsam als Arbeitszimmer. Die gesamte von den Klägern bewohnte Fläche des Hauses betrug 280 qm. Im Erdgeschoss befand sich ein 11 qm großer Raum, den der Kläger für seine nichtselbständige Tätigkeit nutzte; weiterhin befand sich im Dachgeschoss des Hauses ein 35 qm großer Raum, der von beiden Klägern für Zwecke ihrer jeweiligen gewerblichen Tätigkeit genutzt wurde.

Das Finanzamt wich insoweit von den Einkommensteuererklärungen der Kläger ab, als es bei den Einkünften aus  Gewerbebetrieb die geltend gemachten Ausgaben für die Arbeitszimmer nicht anerkannte. Bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit erkannte der Beklagte die Aufwendungen für das Arbeitszimmer in der erklärten Höhe von 1.250 € an. Eine weitergehende Anerkennung der Aufwendungen scheide aus, weil es sich bei dem Arbeitszimmer nicht um den Mittelpunkt der jeweiligen gesamten betrieblichen Tätigkeit  handele.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die von der Klägerin für das häusliche Arbeitszimmer im neuen Haus erklärten Aufwendungen waren in voller Höhe steuerlich abzugsfähig, da das Arbeitszimmer für sie der Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung gem. § 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG  war. Die Aufwendungen des Klägers für die häuslichen Arbeitszimmer waren hingegen grundsätzlich nur bis zum Höchstbetrag von 1.250 € steuerlich abzugsfähig. Dieser war wiederum zu halbieren, da sich der Kläger das Arbeitszimmer mit seiner Ehefrau geteilt hatte; der hälftige Höchstbetrag war wiederum je zur Hälfte  bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger und aus gewerblicher Tätigkeit zu  berücksichtigen, so dass bei beiden Einkunftsarten jeweils Aufwendungen i.H.v. 312,50 € anzusetzen waren.

Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben abziehen. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Im Einzelnen wird unter einem häuslichen Arbeitszimmer ein Raum verstanden, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder organisatorischer Arbeiten dient. Diese Grundsätze gelten gem. § 9 Abs. 5 EStG sinngemäß für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, die u.a. bei der Ermittlung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten abgezogen werden sollen.

Im vorliegenden Fall handelte es sich bei den betrieblich bzw. beruflich genutzten Räumen beider Wohnsitze jeweils um häusliche Arbeitszimmer im vorbeschriebenen Sinne. Die Räume waren ungeachtet der gelegentlichen Kundenbesuche jeweils in die häusliche Sphäre der Kläger eingliedert, da sie nur über die privat genutzten Treppen und Flure in den von den Klägern bewohnten Wohnungen erreichbar waren. Das Abzugsverbot gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 1 EStG griff nicht ein, da sowohl der Klägerin als auch dem Kläger nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2 EStG für ihre jeweiligen gewerblichen Tätigkeiten und dem Kläger für seine nichtselbstständiger Arbeit kein anderer zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung  stand.

Die Klägerin konnte die von ihr erklärten und auf sie entfallenden Aufwendungen für das Arbeitszimmer in dem alten Haus grundsätzlich in voller Höhe steuerlich geltend machen. Die Beschränkung der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € gem. § 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 1. Hs. EStG griff nicht, da das Arbeitszimmernach Maßgabe des § 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 2. Hs. EStG der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung der Klägerin war. Demgegenüber waren die vom Kläger in beiden Objekten genutzten Arbeitszimmern nicht der Mittelpunkt von dessen gesamter betrieblichen und beruflichen Betätigung i.S.v. § 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 2. Hs. EStG, da die Haupttätigkeit des Klägers in seiner unselbständigen Tätigkeit lag.

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