Zum Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Dienstwagens durch den GmbH-Geschäftsführer
Niedersächsisches FG 8.2.2012, 3 K 406/10Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger war im Streitjahr an mehreren Gesellschaften beteiligt. Er war u.a. zu 50 Prozent Gesellschafter der G Baugesellschaft mbH & Co. KG (G-GmbH & Co. KG) und führte als Einzelunternehmer das G-Küchenzentrum. Bei der G-GmbH & Co. KG handelt es sich um ein Bauträgerunternehmen mit nur einem Arbeitnehmer. Der Firmensitz befindet sich im gleichen Gebäudekomplex wie das G-Küchenstudio. Neben dem Kläger sind seine beiden Söhne zu je 25 Prozent an der G-GmbH & Co. KG beteiligt.
Geschäftsführerin der G-GmbH & Co. KG war die Klägerin. Ausweislich der Lohnsteuerkarte bezog die Klägerin im Streitjahr 2003 ein Gehalt von rd. 32.000 €. Ihr stand nach dem Geschäftsführervertrag ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, welches laut Vertrag nur für Geschäftszwecke verwendet werden darf; Privatfahrten sind untersagt. Tatsächlich wurde der Klägerin seit dem 1. Mai 2002 als Dienstwagen ein Porsche 911 4 S mit einem Listenpreis von 80.000,- € zur Verfügung gestellt.
Der Lohnsteueraußenprüfer vertrat im Rahmen einer Außenprüfung die Auffassung, dass der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung eines dienstlich überlassenen Kfz zu versteuern sei. Die Klägerin habe weder ein Fahrtenbuch geführt, noch habe ihr Arbeitgeber das Verbot der Nutzung des Fahrzeugs für Privatfahrten ernstlich überwacht. Damit gelte der aus der Lebenserfahrung abgeleitete Anscheinsbeweis, dass das überlassene Fahrzeug auch für Privatfahrten genutzt werde. Das Finanzamt setzte entsprechend den Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung die Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit um rd. 10.000 € auf rd. 42.000 € herauf.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts wird beim BFH unter dem Az. VI R 23/12 geführt.
Die Gründe:
Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind nicht um einen geldwerten Vorteil für die private Nutzung eines dienstlich überlassenen Kfz zu erhöhen, weil das Finanzamt nicht nachgewiesen hat, dass die Klägerin das ihr überlassene betriebliche Fahrzeug auch zu privaten Fahrten nutzt. Dies geht zum Nachteil des Finanzamts, das insoweit die Feststellungslast trägt.
Von dem Ansatz eines geldwerten Vorteils ist allerdings nicht deshalb abzusehen, weil die Klägerin ein Fahrtenbuch geführt hat und in diesem Fahrtenbuch keine Privatfahrten aufgeführt sind. Das sog. "Fahrtenbuch" genügt nicht den Anforderungen, die an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind; es enthält u.a. eindeutig unzutreffende Eintragungen hinsichtlich Datum und Fahrzeit. Die Anwendung der 1-Prozent-Regelung setzt aber voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hatte. Im Streitfall ist der Klägerin nach ihrem Anstellungsvertrag jedoch die private Nutzung des Porsches 911 ausdrücklich untersagt. Damit greift nach der neueren Rechtsprechung des VI. Senats BFH der Anscheinsbeweis nicht ein.
Zwar unterscheidet sich der Sachverhalt insoweit von den jüngst vom VI. Senat des BFH entschiedenen Fällen dadurch, dass die Klägerin nicht Angestellte, sondern Geschäftsführerin der G-GmbH & Co. KG war. Der VI. Senat des BFH hat in seiner Argumentation u.a. darauf abgestellt, dass ein Arbeitnehmer, würde er sich über ein arbeitsvertragliches Nutzungsverbot hinwegsetzen, arbeitsrechtliche Konsequenzen bis zur Kündigung zu gewärtigen hätte. Dieses Argument versagt zwar im Streitfall; dennoch bleibt es auch in einer solchen Sachverhaltskonstellation dabei, dass es an einer bewussten Überlassung des Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Geschäftsführer fehlt und so kein Vorteil "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wird.
Schließlich führt es auch nicht zum Ansatz eines Nutzungsvorteils, dass die Klägerin das Fahrzeug für Zwecke verwendet hat, die nicht zum Geschäftskreis ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der G-GmbH & Co. KG gehören, sondern im Interesse des Einzelunternehmens ihres Ehemannes, dem G-Küchenzentrum. Denn eine Reise, die an sich privater Natur wäre, kann, wenn sie auf einem eigenen Entschluss des Arbeitnehmers beruhte, dadurch zu einer Dienstfahrt werden, dass sie einer im Rahmen seines Direktionsrechts ausgesprochenen Weisung des Arbeitgebers entspricht. Wenn die Klägerin also die Fahrten zu den Messen in Absprache mit ihrem Ehemann, des zu 50 Prozent an der G-GmbH & Co. KG beteiligten Klägers, unternimmt - davon kann bei einer intakten Ehe ausgegangen werden -, dann kam sie einer dienstlichen Weisung nach, so dass die Fahrten beruflich und nicht privat veranlasst sind.
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