Zum Anspruch des Finanzamtes auf Rückzahlung von Umsatzsteuer nach Insolvenzanfechtung
FG Düsseldorf 26.6.2013, 11 K 1705/12 EDie M-GmbH hatte dem beklagten Finanzamt eine Einzugsermächtigung für die Entrichtung der von ihr geschuldeten Steuerbeträge erteilt. So gab sie monatlich Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen ab. Die sich hieraus ergebenden Steuerbeträge zog das Finanzamt von dem Konto der GmbH bei deren Bank ein. So geschah es auch mit den Steuerbeträgen für den Monat Februar 2009, die das Finanzamt mit Wertstellung vom 14.4.2009 vom Konto der Schuldnerin einzog.
Die M-GmbH beantragte daraufhin, das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen zu eröffnen. Das AG bestellte mit Beschluss vom 26.6.2009 den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Mit einem an das Finanzamt gerichteten Schreiben vom 6.8.2009 genehmigte die GmbH die Belastungsbuchung vom 14.4.2009. Das AG eröffnete im Dezember 2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der M-GmbH. Der Kläger forderte kurz darauf das Finanzamt auf, die eingezogenen Beträge zuzüglich Zinsen zurück zu zahlen. Die Genehmigung der Belastungsbuchung sei eine nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO anfechtbare Rechtshandlung. Zum Zeitpunkt der Genehmigung habe das beklagte Finanzamt Kenntnis von dem Eröffnungsantrag gehabt. Daraufhin zahlte das Finanzamt insgesamt rund 2.414 € an den Kläger.
Mit einem auf § 37 Abs. 2 AO gestützten Bescheid vom 18.5.2011 forderte das Finanzamt den Betrag wieder zurück. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Anfechtung nicht vorgelegen hätten. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde im Hinblick auf das anhängige Revisionsverfahren Az. VII R 15/13 die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Der Bescheid vom 18.5.2011 war rechtswidrig.
Über Streitigkeiten, welche die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Verwaltungsakt. Das gilt nach § 218 Abs. 2 S. 2 AO auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch betrifft. Nach § 37 Abs. 1 AO ist der Erstattungsanspruch ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis.
Bei dem vom Kläger geltend gemachten und vom Finanzamt erfüllten Anspruch handelte es sich nicht um einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, über dessen Bestehen im Wege eines Abrechnungsbescheids hätte verbindlich entschieden werden dürfen. Die Umsatzsteuer und die Lohnsteuer waren schließlich nicht ohne rechtlichen Grund gezahlt worden. Der Zahlung, die zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis führte, lagen wirksame Steuerfestsetzungen zugrunde.
Die Steuerfestsetzungen waren nicht wegen der vom Kläger erklärten Insolvenzanfechtung unwirksam geworden. Rechtsfolge einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung nach § 143 Abs. 1 S. 1 InsO ist lediglich, dass zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden muss, was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde. Somit konnte über die Frage, ob der Kläger als Insolvenzverwalter einen aus § 143 Abs. 1 S. 1 AO folgenden Anspruch auf Rückgewähr erbrachter Leistungen hat, nicht durch Abrechnungsbescheid entscheiden werden. Denn dieser Anspruch ist kein Erstattungsanspruch i.S.d. § 37 Abs. 2 AO und kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i.S.d. § 37 Abs. 1 AO.
Der auf einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung beruhende Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters ist vielmehr ein zivilrechtlicher Anspruch, der mit der Insolvenzeröffnung entsteht. Über einen solchen Anspruch ist mithin ausschließlich nach den Vorschriften der Insolvenzordnung und nicht nach den Bestimmungen der Abgabenordnung zu entscheiden.
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