Zum Erlass von Nachzahlungszinsen nach Verrechnungspreiskorrektur
BFH 3.7.2014, III R 53/12Die Kläger sind Ehegatten. Der Kläger erzielte gewerbliche Einkünfte aus der Beteiligung an einer inländischen KG. Nach einer steuerlichen Betriebsprüfung erhöhten sich die ihm zuzurechnenden Beteiligungsergebnisse der Jahre 1997 bis 1999. Die Änderungen beruhten auf einer im Rahmen der Betriebsprüfung erzielten tatsächlichen Verständigung über die Frage, in welcher Höhe im Rahmen der Geschäftsbeziehungen zu einer österreichischen Schwestergesellschaft in der Rechtsform einer GesmbH zu Lasten des inländischen Ergebnisses unangemessene Vermögensvorteile zugewendet worden waren und ob insoweit eine Verrechnungspreiskorrektur durchzuführen sei.
Das Finanzamt erließ im Februar 2007 geänderte Einkommensteuerbescheide für 1997, 1998 und 1999. Die zugleich festgesetzten Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO wurden im März 2007 wegen freiwilliger Zahlungen zu einem geringen Teil erlassen. Die Kläger beantragten im März 2007, weitere Teilbeträge der Nachzahlungszinsen, die auf die Verrechnungspreiskorrektur zurückzuführen waren, aus Billigkeitsgründen (§ 227 AO) zu erlassen.
Zur Begründung trugen sie vor, § 233a AO bezwecke die Abschöpfung von Zins- und Liquiditätsvorteilen. Sie - die Kläger - hätten aber durch die verspätete Festsetzung keinen Vorteil erlangt, denn die durch die Betriebsprüfung veranlassten Verrechnungspreiskorrekturen hätten nicht zu einem steuerlichen Mehrergebnis geführt, sondern lediglich zu einer Verschiebung des Steuerzugriffs zwischen Deutschland und Österreich. Die Gewinne der Streitjahre seien insgesamt in zutreffender Höhe der Besteuerung zugrunde gelegt worden. Österreich habe aber eine dem § 233a AO entsprechende Verzinsung erst 2001 eingeführt, so dass den in Deutschland entstandenen Nachzahlungszinsen keine korrespondierenden Erstattungszinsen gegenüberstünden. Das Finanzamt lehnte den beantragten Teilerlass ab.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass das Finanzamt den Erlass ermessensfehlerfrei abgelehnt hat.
Die Finanzbehörden können nach § 227 AO Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Sachlich unbillig ist die Geltendmachung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis vor allem dann, wenn sie im Einzelfall zwar dem Wortlaut einer Vorschrift entspricht, aber nach dem Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes nicht zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft. Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt keine Billigkeitsmaßnahme.
Eine Billigkeitsmaßnahme ist nicht geboten, weil die Verrechnungspreiskorrektur dazu geführt hat, dass die Erhöhung der Einkommensteuerschuld der Kläger zu Nachzahlungszinsen geführt hat, während die österreichische GesmbH keine Erstattungszinsen beanspruchen kann. Die in § 233a AO angeordnete Verzinsung bezweckt, den möglichen Liquiditätsvorteil abzuschöpfen, der einem einzelnen Steuerpflichtigen durch die verspätete Festsetzung der Steuer entsteht. Auf die Frage, ob dem Steuergläubiger insgesamt ein Schaden entstanden ist, kommt es insoweit nicht an. Deshalb ist bei der Frage, ob die Festsetzung von Zinsen unbillig ist, nur auf die Verhältnisse des jeweiligen Zinsschuldners abzustellen; die Verhältnisse eines anderen Rechtssubjekts bleiben insoweit außer Betracht.
Die Verrechnungspreiskorrektur hat sich jedoch im Streitfall einerseits - erhöhend - auf die Besteuerung des zu versteuernden Einkommens der Kläger und andererseits - mindernd - auf die Besteuerung der GesmbH ausgewirkt. Die Kläger sind indessen natürliche Personen, die österreichische GesmbH ist jedoch eine juristische Person des Privatrechts, die ihr Einkommen selbst der österreichischen Körperschaftsteuer zu unterwerfen hat. Eine Minderung ihres Einkommens wirkt sich mithin nicht unmittelbar auf die Besteuerung ihrer Anteilseigner aus.
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