Zum gleichzeitigen Bezug von Kindergeld in mehreren EU-Staaten
FG Köln 30.1.2013, 15 K 47/09 u.a.Die drei vorliegenden Verfahren (15 K 47/09, 15 K 930/09 und 15 K 2058/09) betreffen die Frage, ob Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten (hier: aus Polen und den Niederlanden), die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, auch dann in Deutschland kindergeldberechtigt sein können, wenn sie weiterhin in das Sozialsystem ihres Heimatlandes eingegliedert bleiben und auch dort Kindergeld beziehen.
Die Finanzämter in den Streitfällen lehnten die von den Klägern jeweils beantragte Festsetzung von Kindergeld für deren Kinder ab. Zur Begründung führten sie aus, den Klägern stehe ein Kindergeldanspruch nicht zu, weil sie den polnischen bzw. niederländischen Vorschriften über die Gewährung von Familienleistungen unterlägen.
Das FG gab den hiergegen gerichteten Klagen ganz überwiegend statt. Gegen die Urteile wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Der EuGH hat sich in seinem Urteil vom 12.6.2012 (C-611/10 u. C-612/10) mit den Kindergeldansprüchen eines von Polen nach Deutschland entsandten Arbeitnehmers und eines polnischen Saisonarbeiters befasst. Hierzu hat der EuGH entschieden, dass entsandte Arbeitnehmer und Saisonarbeiter aus Polen und anderen EU-Ländern nicht deshalb gänzlich vom Kindergeld in Deutschland ausgeschlossen werden dürfen, weil sie in ihrem Heimatland vergleichbare Familienleistungen erhalten. Dies verstoße gegen die im EU-Vertrag garantierten Freizügigkeitsrechte.
Der Anwendungsbereich dieser EuGH-Entscheidung ist nicht auf die entschiedenen Fallkonstellationen beschränkt. Vielmehr gelten diese Grundsätze auch und erst Recht für andere als entsandte oder nur saisonal beschäftigte Arbeitnehmer, wenn diese - wie im Streitfall - von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nach Deutschland verlegt haben. § 65 EStG, der einen inländischen Kindergeldanspruch im Falle des Bezuges ausländischer Familienleistungen ausschließt, verstößt gegen die im EU-Vertrag garantierten Freizügigkeitsrechte. Diese Vorschrift ist daher dahingehend auszulegen, dass das deutsche Kindergeld lediglich um die ausländischen Familienleistungen gekürzt werden darf.
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