11.06.2018

Zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch

Amtshilfeersuchen deutscher Finanzbehörden an ausländische Behörden stehen im Ermessen der deutschen Finanzverwaltung. Die Merkmale der "voraussichtlichen Erheblichkeit" sowie der "Erforderlichkeit" sind dabei deckungsgleich auszulegen.

FG Köln 13.4.2018, 2 V 174/18
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist die deutsche Niederlassung einer polnischen Firma (R.). Im Rahmen einer Betriebsprüfung teilte das Finanzamt der Antragstellerin im November 2016 mit, dass nach den Feststellungen die Firma R. Überweisungen i.H.v. 200.000 € bzw. 110.000 € mit dem Vermerk "Darlehen" erhalten habe. Diee Beträge seien von dem Konto der Firma K-GmbH überwiesen worden, die ihrerseits die Geldbeträge zuvor von der Firma D-Ltd. aus Malta erhalten habe. Nach Mitteilung der Antragstellerin habe der Zufluss des Geldes im Zusammenhang mit dem Kauf einer Maschine gestanden.

Im Zusammenhang mit diesen Geschäftsvorfällen ergäben sich Fragen hinsichtlich des Darlehensvertrages. Dieser sei im Original vorzulegen. Die Hintergründe des Darlehenszwecks seien zu erklären. Aufzuklären sei, ob es Vereinbarungen über die Rückzahlung und die tatsächliche Durchführung der Rückzahlung gebe. Weiterhin sei zu klären, ob das Darlehen verzinst werden sollte und ob eine tatsächliche Verzinsung erfolgt sei. Schließlich sei die buchhalterische Erfassung aller Buchungen aufzuklären.

Gegen das Auskunftsersuchen an die Steuerverwaltung Maltas wandte sich die Antragstellerin mit Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Sie war der Ansicht, das beabsichtigte Auskunftsersuchen stünde nicht mit einer Steuererhebung bei der Antragstellerin in Zusammenhang. Es sei nicht ersichtlich, welche Erkenntnisse aus dem Auskunftsersuchen in Bezug auf eine deutsche Besteuerung resultieren könnten. Ein Auskunftsersuchen dürfe nicht zur Ausforschung steuerfremder Sachverhalte dienen. Darüber hinaus sei nicht auszuschließen, dass die Erhebung von Daten dem Geschäftspartner unangenehm sei und hieraus Schäden für die Geschäftsbeziehung entstünden.

Das FG lehnte den Antrag ab.

Die Gründe:
Der Antragstellerin steht kein Anordnungsanspruch zu. Ein solcher ergibt sich nicht aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB analog i.V.m. § 30 AO im Hinblick auf die Weiterleitung von Informationen im Zusammenhang mit einem Auskunftsersuchen, denn die Antragstellerin hat eine entsprechende Informationsweitergabe gem. § 1004 Abs. 2 BGB analog zu dulden.

Amtshilfeersuchen deutscher Finanzbehörden an ausländische Behörden stehen im Ermessen der deutschen Finanzverwaltung. Grundsätzlich muss die begehrte Auskunft für Zwecke der deutschen Besteuerung erforderlich sein. Dieser für die Amtshilfe allgemeingültige Grundsatz ergibt sich aus § 111 Abs. 1 AO, aber auch aus § 6 Abs. 1 S. 2 EUAHiG, wonach eine Finanzbehörde befugt ist, um "sachdienliche behördliche Ermittlungen" zu ersuchen. Es entspricht der EuGH-Rechtsprechung, dass ein auf der Richtlinie 2011/16 beruhendes Informationsersuchen eines Mitgliedstaates an einen anderen Mitgliedstaat voraussetzt, dass die begehrte Information für eine Besteuerung im ersuchenden Staat "voraussichtlich erheblich ist" (EuGH v. 16.5.2017, C-682/15). Dabei sind die Merkmale der "voraussichtlichen Erheblichkeit" sowie der "Erforderlichkeit" deckungsgleich auszulegen.

Gem. § 199 Abs. 1 AO hat die Betriebsprüfung die tatsächlichen rechtlichen Verhältnisse, die für die Besteuerungspflicht und die Bemessung der Steuer maßgebend sind, zu Gunsten und zu Ungunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen. Die Finanzverwaltung hat das Recht und die Pflicht, Angaben eines Steuerpflichtigen zu verifizieren. Soweit eigene Sachaufklärungen im Ausland unzulässig sind, muss sich die Finanzbehörde der zwischenstaatlichen Amtshilfe bedienen, um dem Untersuchungsgrundsatz zu entsprechen.

Infolgedessen hat die Antragstellerin keinen Anspruch darauf, dem Antragsgegner die Weiterleitung des Auskunftsersuchens einstweilen untersagen zu lassen. Sie hat behauptet, dass der Maschinenkauf letztlich ohne Beteiligung der Antragstellerin selbst stattgefunden habe. Die Maschine sei von der Gesellschaft aus Malta an die Gesellschaft nach Polen veräußert worden. Zahlungsvorgänge über das Bankkonto der Firma K. seien ausschließlich deshalb abgewickelt worden, um Bankgebühren zu sparen.

Das Finanzamt ist allerdings berechtigt und verpflichtet, diese Behauptungen zu verifizieren. Hierzu gehört es, zu überprüfen, ob die Gesellschaft in Malta tatsächlich über die veräußerte Maschine verfügen konnte. Dieser Frage kommt besondere Bedeutung zu vor dem Hintergrund, dass Indizien bestehen, dass es sich bei der Gesellschaft um eine Briefkastenfirma ohne tatsächliche wirtschaftliche Aktivität handelt. Vor diesem Hintergrund besteht ein Interesse, zu klären, wer hinter dieser Gesellschaft steht. Die weiteren Aufklärungen kann die Steuerbehörde in eigener Zuständigkeit nicht mehr durchführen. Vielmehr ist sie auf die internationale Amtshilfe der Behörden Maltas angewiesen.

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