Zum Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters
BFH 2.12.2015, V R 15/15Die Klägerin ist seit 2003 Insolvenzverwalterin über das Vermögen der K-KG. Diese war Besitzunternehmen für eine Unternehmensgruppe und vermietete Grundstücke an die MK-GmbH, der weitere Gesellschaften nachgeordnet waren, gem. § 9 UStG unter Verzicht auf die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12a UStG. Die MK-GmbH vermietete diese Grundstücke ihrerseits weiter. Die K-KG hatte im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Geschäftstätigkeit bereits längere Zeit eingestellt. Die wesentlichen Vermögenswerte waren bereits 2002 verwertet worden. Dabei erfolgte die Lieferung von Grundstücken gem. § 9 UStG unter Verzicht auf Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 9a UStG. Die Klägerin lieferte als Insolvenzverwalterin insbesondere ein Grundstück der Masse steuerfrei und einen "Werbepylon" steuerpflichtig. Die Insolvenzforderungen standen nicht im Zusammenhang mit früher erbrachten steuerfreien Ausgangsumsätzen.
Das Insolvenzgericht setzte die Vergütung für die Tätigkeit der Klägerin als Insolvenzverwalterin auf rund 72.384 € zzgl. Umsatzsteuer i.H.v. 13.753 € fest. Die Klägerin erteilte im Januar 2012 die Rechnung für ihre Leistung an sich selbst als Insolvenzverwalterin. Sie gab im Juni 2012 für die K-KG eine Umsatzsteuervoranmeldung 2012/II ab, mit der sie für die K-KG einen Vorsteuerabzug i.H.v. 13.753 € aus ihrer der K-KG erteilten Rechnung geltend machte. Dabei wies sie auf den geplanten Abschluss des Insolvenzverfahrens hin, für den es auf den "Einzug restlicher Steuererstattungsansprüche" ankomme. Das Finanzamt erkannte jedoch nur einen Vorsteuerabzug von letztlich 5.851 € an, erfasste diesen in der Umsatzsteuerfestsetzung 2012/I und setzte die Umsatzsteuer in gleicher Höhe als Zahllast fest.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt, weil die K-KG aus der Leistung der Klägerin in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Auf die Revision des Finanzamtes hob dr BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Gründe:
Die K-KG war entsprechend ihrer unternehmerischen Tätigkeit bis zur Einstellung ihres Geschäftsbetriebs dem Grunde nach zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Sie war als Schuldnerin im Insolvenzverfahren nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit sie Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens und damit für ihre wirtschaftliche Tätigkeit bezogen hatte.
Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer als Vorsteuer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen abziehen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt wurden. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Beabsichtigt der Unternehmer eine von ihm bezogene Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Aufwendungen hierfür seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beabsichtigt der Unternehmer daher eine teilweise Verwendung für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist er insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Der Insolvenzverwalter erbringt eine einheitliche Leistung, die mittels Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse des Gemeinschuldners der Befriedigung der Insolvenzgläubiger als Hauptziel des Insolvenzverfahrens dient. Der für den Vorsteuerabzug maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang besteht dabei zwischen der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger. Auf die einzelnen Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters kommt es nicht an. Infolgedessen waren die gegen die K-KG geltend gemachten Insolvenzforderungen ausschließlich aufgrund der Unternehmenstätigkeit der K-KG entstanden.
Allerdings war das Urteil aufzuheben, da es nicht berücksichtigt hatte, dass der in der Rechnung ausgewiesene Steuerbetrag nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 UStG als Vorsteuer nur abziehbar ist, wenn die Zahlung zuvor bereits geleistet wurde. Da es sich bei der Leistung des Insolvenzverwalters um eine einheitliche Leistung handelt, ist diese erst mit dem Beschluss des Insolvenzgerichts über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens erbracht, soweit keine anderen Beendigungsgründe vorliegen. Erst dann endet das Amt des Insolvenzverwalters. Somit ist die von der Klägerin als Insolvenzverwalterin der K-KG an sich als Insolvenzverwalterin der K-KG erteilte Rechnung keine Rechnung über eine bereits vollständig ausgeführte Leistung, sondern eine Rechnung über eine erst noch zu erbringende Leistung. Der Vorsteuerabzug setzt dann gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 UStG neben dem Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung auch eine Zahlung aus der Masse an den Insolvenzverwalter voraus.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.