Zum Wohnungsbegriff i.S.d. § 5 Abs. 2 GrStG im Hinblick auf ein Studentenwohnheim
BFH 4.12.2014, II R 20/14Die Klägerin ist eine Anstalt öffentlichen Rechts. Sie hatte ein Studentenwohnheim im Erbbaurecht errichtet. In dem Wohnheim befinden sich mehrere jeweils 22,10 qm große 1-Zimmer-Appartements mit je einem Wohnraum mit eigener Küchenzeile, einer Diele und einem Bad sowie mehrere größere Raumeinheiten, die jeweils aus einem Aufenthaltsraum mit Kücheneinrichtung, zwei Bädern und gesondert abschließbaren Wohnräumen bestehen. Jeder dieser Wohnräume verfügt über eine eigene Klingel und einen Telefon- und Internetanschluss. Die jeweiligen "Zimmer" werden durch die Klägerin vergeben. Die bereits in dem Wohnheim wohnenden Studenten haben dabei kein Mitspracherecht. Die Raumeinheiten dürfen nur als studentischer Wohnraum genutzt werden.
Die Klägerin war Ansicht, dass das Studentenwohnheim von der Grundsteuer befreit sei. Dem folgte das Finanzamt allerdings nicht und ermittelte einen Einheitswert von 452.237 €. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.
Gründe:
Das FG hatte zu Recht angenommen, dass das Studentenwohnheim nicht von der Grundsteuer befreit ist und daher die Feststellung eines Einheitswerts i.S.d. § 19 Abs. 4 BewG für steuerliche Zwecke von Bedeutung ist.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a u. b i.V.m. § 7 GrStG ist Grundbesitz, der von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer inländischen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient, unmittelbar für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke benutzt wird, von der Grundsteuer befreit. Wohnungen sind gem. § 5 Abs. 2 GrStG stets steuerpflichtig, auch wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 GrStG vorliegen, also etwa wenn sie zur Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke überlassen werden.
Der Gesetzgeber hat damit eine Entscheidung dahin getroffen, dass bei einer Mehrheit von Räumen, die den Begriff der Wohnung erfüllen, stets das Überwiegen des Wohnzwecks anzunehmen und Grundsteuerpflicht gegeben ist. Dies verbietet es, Rechtsträgern i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a u. b GrStG eine Grundsteuerbefreiung dann und insoweit zu gewähren, als sie Wohnungen in Verfolgung und in Verwirklichung eines gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecks Dritten überlassen. Diese Einschränkung der Befreiung von der Grundsteuer ist mit dem GG vereinbar. Die von der Rechtsprechung entwickelte typologische Umschreibung des bewertungsrechtlichen Begriffs der Wohnung gilt auch für den Wohnungsbegriff i.S.d. § 5 Abs. 2 GrStG.
Sowohl die 1-Zimmer-Appartements als auch die größeren Raumeinheiten in dem Studentenwohnheim erfüllten somit die Voraussetzungen einer Wohnung i.S.d. § 5 Abs. 2 GrStG. Sie weisen die erforderlichen Räumlichkeiten und die notwendige Mindestgröße auf und haben den Zweck, Wohnbedürfnisse zu befriedigen. Sie ermöglichen objektiv die Führung eines selbständigen Haushalts auf Dauer. Bei den größeren Raumeinheiten kommt es unabhängig von der jeweiligen konkreten Belegung auf deren Gesamtwohnfläche und nicht auf die Fläche der einzelnen Wohnräume an. Dass die Türen der jeweiligen Wohnräume gesondert abschließbar sind und jeder Wohnraum über eine eigene Klingel sowie einen eigenen Telefon- und Internetanschluss verfügt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch wie die Rechtsverhältnisse zwischen der Klägerin und den Personen, denen die Räume zu Wohnzwecken überlassen werden, geregelt sind, spielt bewertungsrechtlich keine Rolle.
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