19.07.2011

Zum Zinsbeginn bei Auflösung des Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 3 EStG

Die Aufgabe der Investitionsabsicht nach Erlass des Steuerbescheides, in dem ein Investitionsabzugsbetrag berücksichtigt wurde, stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 233a Abs. 2a AO dar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erfüllt sind; maßgebend ist allein, ob die Voraussetzungen des rückwirkenden Ereignisses i.S.d. vom Großen Senat des BFH geprägten Definition vorliegen.

FG Niedersachsen 5.5.2011, 1 K 266/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin - eine GmbH & Co. KG - nahm für 2007 einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG für noch anzuschaffende bewegliche Wirtschaftsgüter in Anspruch. Nach Erlass des Gewinnfeststellungsbescheides für das Jahr 2007 teilte die Klägerin dem Finanzamt im Jahr 2010 mit, dass die Investitionsabsicht für diese Wirtschaftsgüter aufgegeben worden sei.

Das Finanzamt änderte daraufhin den Gewinnfeststellungsbescheid für 2007 nach § 7g Abs. 3 EStG und machte den Abzug des Investitionsabzugsbetrags gewinnerhöhend rückgängig. Es lehnte es ab, in den geänderten Feststellungsbescheid darauf hinzuweisen, dass die Änderung auf einem rückwirkenden Ereignis i.S.d. § 233a Abs. 2a AO beruhe.

Die Klägerin macht geltend, dass Grundlage für die Änderung des Feststellungsbescheides nicht § 7g Abs. 3 EStG sondern § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO sei. Ihre Beschwer liege in der Angabe der unzutreffenden Korrekturnorm und der daraus folgenden höheren Zinsbelastung für die Gesellschafter. Die im Juni 2010 mitgeteilte Aufgabe der Investitionsabsicht sei ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. Daraus folge, dass für die Verzinsung § 233a Abs. 2a AO anwendbar sei.

Das FG gab der Klage, mit der die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Änderung des Feststellungsbescheides auf einem rückwirkenden Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und §  233a Abs. 2a AO beruht, statt. Die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wird beim BFH unter dem Az IV B 87/11 geführt.

Die Gründe:
Die Klägerin hat nach § 179 Abs. 3 i.V.m. § 233a Abs. 2a AO einen Anspruch darauf, dass das Finanzamt den streitigen Feststellungsbescheid um die begehrten Feststellungen ergänzt.

Für die Frage, ob und in welchem Umfang Steuernachforderungen auf einem rückwirkenden Ereignis i.S.v. § 233a Abs. 2a AO beruhen, kommt es nicht darauf an, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erfüllt sind. Maßgebend ist allein, ob die Voraussetzungen des rückwirkenden Ereignisses i.S.d. vom Großen Senat des BFH geprägten Definition vorliegen. Die Antwort auf die Frage, ob der nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, bestimmt sich danach allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht. Im konkreten Fall kommt es also auf die einkommensteuerliche Rechtslage an.

Die Aufgabe der Investitionsabsicht im Jahr 2010 ist in materiell-rechtlicher Hinsicht ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. Rechtsprechung des BFH, weil sie die Rückgängigmachung des Abzugs des Investitionsabzugsbetrags im Ausgangsjahr (2007) auslöst und erst nach Erlass des ursprünglichen Feststellungsbescheides eingetreten ist. Die von der Finanzverwaltung und von Teilen der Literatur vertretene gegensätzliche Auffassung überzeugt nicht. Insbes. hat der behauptete abweichende Wille des Gesetzgebers noch nicht einmal andeutungsweise einen Niederschlag im Gesetzestext gefunden. Auch aus der Gesetzessystematik lässt sich kein abweichendes Ergebnis ableiten.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des Niedersächsischen FG veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

FG Niedersachsen PM vom 17.6.2011
Zurück