19.02.2014

Zur Abziehbarkeit von EU-Geldbußen

Der zur Bemessung von Geldbußen nach Art. 23 Abs. 3 EGV 1/2003 zu errechnende Grundbetrag enthält keinen Abschöpfungsteil. In Fällen, in denen sich die Bemessung einer von der EU-Kommission wegen eines Kartellrechtsverstoßes verhängten Geldbuße allein nach dem Grundbetrag richtet, der ggf. anschließend auf den Höchstbetrag nach Art. 23 Abs. 2 S. 2 EGV 1/2003 gekürzt wird, so ist die Geldbuße auch nicht teilweise nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 4 Hs. 1 EStG als Betriebsausgabe abziehbar.

BFH 7.11.2013, IV R 4/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Gegen sie war wegen Beteiligung an einem Kartell durch die EU-Kommission eine Geldbuße verhängt worden, die mittlerweile bezahlt ist. Die Bemessung der Geldbuße erfolgte nach Maßgabe eines ermittelten sog. Grundbetrags, der anschließend nach Art. 23 Abs. 2 S. 2 EGV 1/2003 auf einen Höchstbetrag gekürzt wurde. Die gegen die Kommissionsentscheidung gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

In ihrer Steuerbilanz für das Streitjahr 2006 bildete die Klägerin wegen der verhängten, zu jener Zeit noch nicht entrichteten Geldbuße eine gewinnmindernde Rückstellung, die sich aus geschätzten Prozesskosten sowie einem ebenfalls geschätzten ihrer Ansicht nach steuerlich zu berücksichtigenden Abschöpfungsteil i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 4 EStG zusammengesetzt hatte. Das Finanzamt folgte der von der Klägerin auf dieser Grundlage für das Streitjahr erstellten Feststellungserklärung allerdings nicht. Die Finanzbehörde wandte sich zudem an die "Generalkommission Wettbewerb" und bat um Beantwortung folgender Fragen:

  • "Enthalten die von der EU-Kommission festgesetzten kartellrechtlichen Geldbußen grundsätzlich nur einen Sanktionsteil oder auch einen Teil, der den wirtschaftlichen Vorteil aus dem Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht abschöpft, gleich Abschöpfungsteil?
  • Ist die Kommission in der Lage, im Einzelfall auf Antrag des Unternehmens, gegen das ein Bußgeld verhängt wurde, denjenigen Betrag zu bestätigen, der auf den Abschöpfungsanteil entfällt?"

Die Anfrage wurde dahingehend beantwortet, dass die Geldbußen der Kommission, die zur Ahndung von Verstößen gegen Art. 81 oder 82 EG verhängt werden, der Abschreckung dienten, eine gesonderte Abschöpfungsfunktion den Leitlinien nicht zu entnehmen sei und dementsprechend die Kommission auch keinen Abschöpfungsteil bestimmen könne.

Daraufhin erkannte das Finanzamt zwar die von der Klägerin für voraussichtlich anfallende Prozesskosten gebildete Rückstellung in voller Höhe an. Soweit die von der Klägerin gebildete Rückstellung auf einen nach deren Auffassung in der verhängten Geldbuße enthaltenen Abschöpfungsteil entfiel, wurde diese jedoch auch weiterhin steuerlich nicht berücksichtigt

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Das FG war im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 S. 4 Hs. 1 EStG für einen teilweisen Abzug der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße als Betriebsausgabe unter den im Streitfall vorliegenden Umständen nicht gegeben waren und - da die Rückstellung einer Verbindlichkeit wie der betreffende Betriebsausgabenabzug gleichen tatbestandlichen Voraussetzungen unterlag - schon deshalb keine Bildung einer entsprechenden Rückstellung im Streitjahr in Betracht kam. Auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 2 und Abs. 3 EGV 1/2003 und der hierzu von der Kommission veröffentlichten Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen und unter Berücksichtigung der im Streitfall für die Bemessung der Geldbuße maßgeblichen Erwägungen und Rechenschritte enthielt die streitbefangene Geldbuße keinen Abschöpfungsteil.

Die Annahme eines Abschöpfungsteils schied hier schon deshalb aus, weil die Bemessung der Geldbuße nach Maßgabe eines ermittelten sog. Grundbetrags erfolgte, der anschließend auf einen Höchstbetrag gekürzt wurde. Auf der Grundlage der EGV 1/2003 war davon auszugehen, dass der nach Maßgabe der zu der genannten Verordnung veröffentlichten Leitlinien ermittelte Grundbetrag keinen Abschöpfungsteil enthält, sondern eine eventuelle Gewinnabschöpfung erst im Rahmen einer nach den Leitlinien möglichen, zur Erhöhung des Grundbetrags führenden Berücksichtigung "erschwerender Umstände" erfolgt. Im Streitfall lag eine derartige Erhöhung des Grundbetrags indes nicht vor.

Richtet sich die Bemessung einer von der EU-Kommission wegen eines Kartellrechtsverstoßes verhängten Geldbuße allein nach dem Grundbetrag, der ggf. anschließend auf den Höchstbetrag nach Art. 23 Abs. 2 S. 2 EGV 1/2003 gekürzt wird, so ist die Geldbuße auch nicht teilweise nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 4 Hs. 1 EStG als Betriebsausgabe abziehbar.

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