22.11.2017

Zur Abzugsfähigkeit von Schulgeld bei Privatschulen

Der Sonderausgabenabzug für Schulgeld beim Besuch von Privatschulen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 S. 3 EStG setzt nicht voraus, dass die zuständige Schulbehörde in einem Grundlagenbescheid bescheinigt, die Privatschule bereite ordnungsgemäß auf einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss vor. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung muss die Finanzbehörde die ordnungsgemäße Vorbereitung auf einen anerkannten Abschluss prüfen.

BFH 20.6.2017, X R 26/15
Der Sachverhalt:
Die Kläger wurden im Streitjahr 2010 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Tochter der Kläger besuchte eine Privatschule, die auf die Mittlere Reife vorbereitet. Die Prüfung wurde von einer staatlichen Schule abgenommen.

Im Streitjahr machten die Kläger Schulgeld von insgesamt rd. 6.000 € als Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte diese Aufwendungen mit der Begründung nicht an, die Kläger hätten keinen Anerkennungsbescheid der zuständigen Kultusbehörde für die Privatschule vorgelegt. Die Kläger vertreten die Auffassung, nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 EStG komme es ausschließlich darauf an, dass der Abschluss, auf den die Schule in freier Trägerschaft vorbereite, zu einem anerkannten allgemein bildenden Schulabschluss führe oder darauf vorbereite. Um welchen Schultyp es sich handele, sei irrelevant.

Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zutreffend entschieden, dass § 10 Abs. 1 Nr. 9 S. 3 EStG keinen ressortfremden Grundlagenbescheid in Form einer Bescheinigung einer Schulbehörde voraussetzt, in dem festgestellt wird, dass eine Einrichtung auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 EStG ordnungsgemäß vorbereitet. Auch die Würdigung des FG, die Privatschule erfülle die Kriterien des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

Führt eine Privatschule nicht zu einem anerkannten Schul- oder Berufsabschluss, sondern bereitet sie lediglich auf einen solchen vor, muss nachgewiesen werden, dass sie eine ordnungsgemäße Vorbereitung gewährleistet. Ansonsten ist das Schulgeld nicht in den Grenzen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgabe abziehbar. Die Frage, wer in welcher Form die Erfüllung dieser Voraussetzung zu beurteilen hat, wurde vorliegend nun dergestalt entschieden, dass die Prüfung und Feststellung der schulrechtlichen Kriterien in Bezug auf die ordnungsgemäße Vorbereitung eines schulischen Abschlusses nicht den Schulbehörden obliegt, sondern Aufgabe der Finanzbehörden ist.

Mit der Entscheidung stellt sich der BFH gegen das BMF-Schreiben vom 9.3.2009 (BStBl I 2009, 487). Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 1 Nr. 9 S. 3 EStG zeigen, dass ein Grundlagenbescheid nicht erforderlich ist, in dem die Schulbehörde bescheinigt, dass eine ordnungsgemäße Vorbereitung gegeben ist. Wenn der Gesetzgeber auf eine verbindliche Entscheidung durch eine Schulbehörde verzichtet und die Finanzbehörden mit der Prüfung betraut, mag das vielleicht nicht zweckmäßig sein. Es bleibt dem zuständigen Finanzamt aber unbenommen, sich mit den Schulbehörden in Verbindung zu setzen und deren Einschätzung zur Erfüllung der schulischen Kriterien bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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