10.07.2017

Zur Anerkennung einer mehrstöckigen Freiberufler-Personengesellschaft

Die Anerkennung einer mehrstöckigen Freiberufler-Personengesellschaft setzt voraus, dass neben den unmittelbar an der Untergesellschaft beteiligten natürlichen Personen alle mittelbar an dieser Gesellschaft beteiligten Gesellschafter der Obergesellschaft über die persönliche Berufsqualifikation verfügen und in der Untergesellschaft zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich mitarbeiten. Die mittelbare kapitalistische Beteiligung einzelner Obergesellschafter ohne Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit in der Untergesellschaft reicht dagegen nicht aus.

Schleswig-Holsteinisches FG 17.11.2015, 4 K 93/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war eine KG, an der über eine Holding-KG zwei Obergesellschaften beteiligt waren,. Deren Gesellschafter waren jeweils ausschließlich Berufsträger (Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer). Die Holding-KG war neben der Klägerin an weiteren Untergesellschaften aus anderen Regionen beteiligt. An der Klägerin und den weiteren Untergesellschaften war jeweils ein Obergesellschafter als Komplementär beteiligt, der (nur) dort als Geschäftsführer leitend und eigenverantwortlich tätig wurde.

Sämtliche Obergesellschafter waren im Konzern aktiv in der Mandatsbearbeitung tätig; daneben bestanden überregionale Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Branchenschwerpunkten. Die Obergesellschafter trafen zudem Entscheidungen über wesentliche Maßnahmen in den Untergesellschaften. Das Finanzamt behandelte die von der Klägerin erzielten Einkünfte bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit ihrer Klage gegen den Feststellungsbescheid begehrte die Klägerin die Feststellung von Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit.

Das FG wies die Klage ab. Die beim BFH anhängige Revision der Klägerin wird dort unter den Az. III R 7/17 geführt.

Die Gründe:
Die von der Klägerin erzielten Einkünfte sind nach § 15 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 4 S. 2 EStG in vollem Umfang als gewerbliche Einkünfte anzusehen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer mehrstöckigen Freiberufler-Personengesellschaft sind vorliegend bei der Klägerin nicht erfüllt.

Die Anerkennung setzt voraus, dass neben den unmittelbar an der Untergesellschaft beteiligten natürlichen Personen alle mittelbar an dieser Gesellschaft beteiligten Gesellschafter der Obergesellschaft über die persönliche Berufsqualifikation verfügen und in der Untergesellschaft zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich mitarbeiten. Die mittelbare kapitalistische Beteiligung einzelner Obergesellschafter ohne Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit in der Untergesellschaft reicht dagegen nicht aus, da die für unmittelbare Beteiligungen geltenden Maßstäbe auch auf mehrstöckige Freiberufler-Personengesellschaften Anwendung finden.

Im Streitfall fehlt es bei der Klägerin an einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit sämtlicher Obergesellschafter. Die freiberufliche Tätigkeit der Klägerin wird nicht bereits dadurch begründet, dass jeder Obergesellschafter zumindest in einer anderen Untergesellschaft als Freiberufler leitend und eigenverantwortlich tätig geworden ist, da die freiberufliche Tätigkeit der Obergesellschafter in den einzelnen Untergesellschaften jeweils gesondert zu prüfen ist und eine Zurechnung dieser Tätigkeit zur Klägerin damit nicht stattfindet.

Eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit der Obergesellschafter für die Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass die Obergesellschafter im Rahmen von Gesellschafterversammlungen der Obergesellschaften Entscheidungen über wesentliche Maßnahmen in den Untergesellschaften, wie Praxiseinkäufe und die Bestellung weiterer Komplementäre, getroffen haben, da es sich hierbei um geschäftsleitende und koordinierende kaufmännische Tätigkeiten der Obergesellschaften handelt, die nicht zur freiberuflichen Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören.

Eine Mitarbeit sämtlicher Obergesellschafter bei der Klägerin ergab sich schließlich auch nicht daraus, dass innerhalb des Konzerns überregionale Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Branchenschwerpunkten bestanden, in denen u.a. spezielle Fälle, Fachfragen und Arbeitshilfen erarbeitet und diskutiert wurden.

Schleswig-Holsteinisches FG NL vom 30.6.2017
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