Zur anteiligen Berücksichtigung der Einkünfte und Bezüge im Monat des Erreichens der Altersgrenze
BFH 10.4.2014, VI R 64/13Streitig ist die Kindergeldberechtigung für den Zeitraum Januar bis Juli 2010. Die Klägerin erhielt für ihre am 8.7.1985 geborene Tochter B Kindergeld. B studierte an der Universität Y und erzielte aus einer nebenberuflichen Tätigkeit im streitigen Zeitraum Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit; daneben erhielt B BAföG -Leistungen.
Nachdem B am 8.7.2010 ihr 25. Lebensjahr vollendet hatte, gelangte die beklagte Familienkasse im Rahmen der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen zu dem Ergebnis, dass B"s Einkünfte und Bezüge im Streitzeitraum den maßgeblichen anteiligen Jahresgrenzbetrag überschritten. Die Familienkasse hob darauf mit Wirkung ab Januar 2010 die Kindergeldfestsetzung auf und forderte das für die Zeit von Januar bis Juli 2010 gezahlte Kindergeld von der Klägerin zurück. Die Klägerin machte dagegen mit ihrer Klage geltend, dass die Familienkasse für den Monat Juli 2010 zu Unrecht den vollen Monatslohn und die vollen BAföG-Bezüge zum Ansatz gebracht habe.
Das FG gab der Klage statt. Die für Juli erzielten Einkünfte und Bezüge seien nach § 32 Abs. 4 S. 6 EStG nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs - also zu 7/30 - zu berücksichtigen. Demnach überschritten die anteiligen Einkünfte und Bezüge nach Abzug der anteiligen Kostenpauschale nicht den maßgeblichen anteiligen Jahresgrenzbetrag i.H.v. 4.669 €. Die Revision der Familienkasse hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass nach § 32 Abs. 4 S. 6 EStG die Einkünfte und Bezüge nur insoweit anzusetzen sind, als die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG vorliegen und zu diesen Voraussetzungen auch die dort ausdrücklich genannten Altersgrenzen gehören.
Für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, besteht ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG wird ein über 18 Jahre altes Kind in Berufsausbildung nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 8.004 € im Kalenderjahr hat. Liegen die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 oder 2 EStG nur in einem Teil des Kalendermonats vor, sind nach § 32 Abs. 4 S. 6 EStG Einkünfte und Bezüge nur insoweit anzusetzen, als sie auf diesen Teil entfallen.
Im Rahmen von § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG kommt dem Lebensalter des Kindes zentrale Bedeutung zu, denn diese Voraussetzung strukturiert § 32 Abs. 4 S. 1 EStG. So kommt es nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG zuvorderst darauf an, dass das Kind noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat. Entsprechendes gilt nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG für die Altersgrenze von 25 Jahren. Erst im Weiteren kommt es dann auf die weiteren Voraussetzungen unter a) bis d) an. Wenn angesichts dessen der Gesetzgeber in § 32 Abs. 4 S. 6 EStG ausdrücklich auf "die Voraussetzungen nach Satz 1 Nummer 1 oder 2" Bezug nimmt und im Hinblick darauf Einkünfte und Bezüge nur pro rata ansetzen will, ist dies so zu verstehen, dass § 32 Abs. 4 S. 6 EStG auch das Lebensalter zu diesen Voraussetzungen zählt.
Das FG hat demnach vorliegend nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze die Einkünfte und Bezüge zutreffend ermittelt und insbes. die von der Tochter der Klägerin im Monat Juli erzielten Einkünfte nur mit 7/30 der maßgeblichen Beträge angesetzt. Die so ermittelten Einkünfte und Bezüge i.H.v. insgesamt 4.366 € überschritten damit nicht den maßgeblichen anteiligen Jahresgrenzbetrag.
Linkhinweis:
- Der Volltext ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext der Entscheidung zu kommen, klicken Sie bitte hier.