26.04.2018

Zur Anwendung von § 4 Abs. 3 S. 4 EStG auf den Erwerb einer Rückdeckungsforderung

Ein Rückdeckungsanspruch stellt eine Forderung gegen den Versicherer dar, die zum Umlaufvermögen gehört. Die Anschaffung eines Rückdeckungsanspruchs ist regelmäßig keine von § 4 Abs. 3 S. 4 EStG erfasste Anschaffung von Wertpapieren und vergleichbaren, nicht verbrieften Forderungen und Rechten des Umlaufvermögens.

BFH 12.12.2017, VIII R 9/14
Der Sachverhalt:
Die Kläger wurden im Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ermittelte den Gewinn aus seiner Tätigkeit als Zahnarzt nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Klägerin war als Arzthelferin und Praxisorganisatorin in der Praxis tätig. Ein im Jahr 2006 durchgeführtes Statusfeststellungsverfahren führte zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit der Klägerin im Zeitraum vom Januar 1997 bis November 2006 nicht als ein abhängiges, sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu werten sei. Die für diesen Zeitraum erhobenen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung wurden daraufhin antragsgemäß erstattet.

Am 1.12.2007 erteilte der Kläger der Klägerin eine Versorgungszusage, nach der diese nach Vollendung des 65. Lebensjahres eine lebenslange Altersrente i.H.v. jährlich 2.213 € erhalten sollte. Zur Absicherung dieser Zusage schloss der Kläger im Dezember 2007 gegen Zahlung eines einmaligen Versicherungsbeitrages i.H.v. 48.720 € eine Rückdeckungsversicherung in Form einer aufgeschobenen Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ab. Versicherungsbeginn war der 1.12.2007, Rentenbeginn der 1.12.2023. Versicherungsnehmer war der Kläger, versicherte Person die Klägerin. Der Wert des Deckungskapitals betrug am 31.12.2007 rund 45.299 €.

Den im Dezember 2007 gezahlten Versicherungsbeitrag in Höhe von 48.720 € behandelte der Kläger im Streitjahr in voller Höhe als Betriebsausgabe. Die im Jahr 2009 vom Finanzamt durchgeführte Außenprüfung gelangte zu dem Ergebnis, dass lediglich der in dem Einmalbeitrag enthaltene Risikoanteil i.H.v. 3.420 € im Streitjahr als Betriebsausgabe abzuziehen sei. Ein weitergehender Betriebsausgabenabzug sei gem. § 4 Abs. 3 S. 4 EStG ausgeschlossen. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Gründe:
Das FG hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass der Beitrag des Klägers zur Anschaffung des Rückdeckungsanspruchs auch in Höhe des sog. Sparanteils von 45.299 € im Streitjahr als Betriebsausgabe abgezogen werden kann. § 4 Abs. 3 S. 4 EStG steht dem Betriebsausgabenabzug nicht entgegen.

Ermittelt der Steuerpflichtige seine Einkünfte wie im Streitfall nach § 4 Abs. 3 EStG, so werden die Ausgaben, die mit dem Erwerb von Umlaufvermögen verbunden sind, grundsätzlich im Jahr der Verausgabung gewinnwirksam. Allerdings normiert § 4 Abs. 3 S. 4 EStG Ausnahmen hierzu. Danach sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

Der vom Kläger für die Anschaffung des Rückdeckungsanspruchs geleistete Beitrag ist mit dem Abfluss im Streitjahr als Betriebsausgabe zu erfassen (§ 4 Abs. 3 S. 1 EStG, § 11 Abs. 2 EStG). Ein Rückdeckungsanspruch stellt eine Forderung gegen den Versicherer dar, die zum Umlaufvermögen gehört. Die Anschaffung eines Rückdeckungsanspruchs ist regelmäßig keine von § 4 Abs. 3 S. 4 EStG erfasste Anschaffung von Wertpapieren und vergleichbaren, nicht verbrieften Forderungen und Rechten des Umlaufvermögens. Dies gilt unabhängig davon, wie der Begriff des Wertpapiers im Einzelnen zu verstehen und abzugrenzen ist.

Selbst wenn im Streitfall der Rückdeckungsanspruch in einem Wertpapier in Gestalt eines qualifizierten Legitimationspapiers verbrieft wäre, ist auf der Grundlage der Feststellungen des FG nicht ersichtlich, dass der Kläger sich mit dessen Erwerb die leichte Handelbarkeit eines Wertpapiers zur Erreichung eines Steuerstundungseffektes zu Nutze machen wollte. Der Erwerb der Rückdeckungsforderung diente der Finanzierung der Versorgungszusage, die der Kläger der Klägerin im Rahmen des steuerlich anzuerkennenden Beschäftigungsverhältnisses gegeben hatte. Ein solcher Erwerb ist bereits seiner Natur nach nicht auf eine kurzfristige Vermögensumschichtung angelegt.

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