01.04.2014

Zur außergewöhnlichen Belastung durch Unterstützung von Angehörigen im Ausland

Die gesetzliche Unterhaltspflicht ist nach inländischen Maßstäben zu bestimmen, auch wenn die unterhaltene Person nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, weil sie im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bisher hat der BFH nur wenige Fälle entschieden, in denen das Erfordernis der Erwerbsobliegenheit von Angehörigen im Ausland für einzelne Fallgruppen - Altersgrenze, Krankheit oder Behinderung beim Angehörigen bzw. bei Personen, denen er unterhaltspflichtig ist - näher präzisiert werden konnte.

FG Köln 6.11.2013, 3 K 2728/10
Der Sachverhalt:
Die 44-jährige Klägerin lebt von ihrem Ehemann getrennt und wurde im Streitjahr 2008 alleine zur Einkommensteuer veranlagt. Sie war als Betriebswirtin nichtselbständig tätig. Ihr Nettoeinkommen betrug im Streitjahr rund 19.000 €. Sie ist das einzige Kind der im Streitjahr 60 Jahre alten Frau A. Diese lebt alleine in Russland und war im Streitjahr nicht erwerbstätig. Die Mutter bezieht jährlich eine Altersrente sowie staatliche Sozialleistungen von insgesamt umgerechnet 2.173 €. Vermögen hat die Mutter nicht.

Die Klägerin unterstützte ihre Mutter im Streitjahr mit Bargeld, Kleidung, Wohnung und notwendigen Versicherungen. Die Mutter selbst unterstützte im Streitjahr wiederum ihre eigene Mutter, die verwitwete Großmutter der Klägerin. Diese lebt in der Ukraine und ist pflegebedürftig. Die Pflege hatte die Mutter der Klägerin im Streitjahr öfter übernommen. Dafür musste sie jeweils in die Ukraine reisen.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 beantragte die Klägerin, als Unterhaltsleistungen für ihre Mutter insgesamt 2.685 € abzuziehen. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Unterstützungszahlungen allerdings nicht. Es berief sich dabei auf die Rechtsauffassung des BMF, wonach bei im Ausland lebenden Personen im erwerbsfähigen Alter bis 65 Jahre grundsätzlich davon auszugehen sei, dass diese ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienten. Die unterhaltsberechtigte Person habe ihre Arbeitskraft zur Bestreitung des Lebensunterhalts auszuschöpfen. Sie treffe eine Erwerbsobliegenheit.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage weitestgehend statt. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: 3 K 2728/10 anhängig.

Die Gründe:
Der Einkommensteuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung war rechtswidrig, soweit das Finanzamt bei der Festsetzung der Einkommensteuer entgegen § 2 Abs. 4 i.V.m. § 33a Abs. 1 S. 1 EStG den Gesamtbetrag der Einkünfte nicht um außergewöhnliche Belastungen i.H.v. 2.261 € gemindert hatte.

Die Mutter ist eine der Klägerin gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigte Person. Die gesetzliche Unterhaltspflicht ist nach inländischen Maßstäben zu bestimmen, auch wenn die unterhaltene Person - wie hier - nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, weil sie im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das gilt auch im Fall einer Unterhaltspflicht nach ausländischem Recht, wenn diese Unterhaltspflicht nach Art. 18 EG BGB im Inland verbindlich ist. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH knüpft die gesetzliche Unterhaltsberechtigung gem. § 33a Abs. 1 S. 1 EStG i.S. einer konkreten Betrachtungsweise an alle zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs an. Diese waren hier im Umfang der 2.261 € erfüllt.

Die Mutter der Klägerin war bedürftig i.S.d. § 1602 Abs. 1 BGB. Sie war während des ganzen Streitjahres außerstande, sich selbst zu unterhalten. Sie verfügte über kein Vermögen. Ihre eigenen Einkünfte und Bezüge überstiegen i.H.d. Betrages von 2.261 € die Grenzbeträge gem. § 33a Abs. 1 S. 1, 4 u. 5 EStG. Die Mutter der Klägerin traf im Streitjahr zu keiner Zeit eine sog. Erwerbsobliegenheit. Darüber bestand kein Streit für die Zeiträume, in denen die Mutter der Klägerin ihre eigene Mutter gepflegt hatte. Für den Rest des Streitjahres galt aber nichts anderes, denn sie stand ständig "auf Abruf".

Der Senat ließ jedoch gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Revision zu. Er war der Ansicht, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordere. Bisher hat der BFH - soweit ersichtlich - nur wenige Fälle entschieden, in denen das Erfordernis der Erwerbsobliegenheit von Angehörigen im Ausland für einzelne Fallgruppen - Altersgrenze, Krankheit oder Behinderung beim Angehörigen bzw. bei Personen, denen er unterhaltspflichtig ist - näher präzisiert werden konnte. Dass dies möglich ist und von der Finanzverwaltung entsprechend praktiziert wird, zeigt das BMF-Schreiben vom 7.6.2010 (IV C 4-S 2285/07/0006).

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