Zur Berichtigung einer Anrechnungsverfügung nach Änderung der bei der Veranlagung erfassten Einkünfte
BFH 29.10.2013, VII R 68/11Nach einem von dem für die X-GmbH & Co KG (KG) zuständigen Finanzamt (Feststellungs-Finanzamt) erlassenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen hatte die Klägerin im Veranlagungszeitraum 2001 aus einer Beteiligung an der KG gewerbliche Einkünfte erzielt; zugleich wurden auf die festzusetzende Steuer anzurechnende Steuerabzugsbeträge (Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag) sowie anrechenbare Körperschaftsteuer in bestimmter Höhe gem. § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO festgestellt. In der mit dem Einkommensteuerbescheid für 2001 verbundenen Anrechnungsverfügung berücksichtigte das Finanzamt u.a. diese Beträge. Im April 2006 erhielt das Finanzamt dann eine geänderte Mitteilung des Feststellungs-Finanzamts über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2001.
Danach hatte die Klägerin gem. einem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid aus ihrer Beteiligung an der KG geringere Einkünfte als bisher festgestellt erzielt, während die Steuerabzugsbeträge und die anrechenbare Körperschaftsteuer nunmehr mit jeweils 0 DM festgestellt wurden. Daraufhin erließ das Finanzamt im Mai 2006 einen gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2001, welcher der Besteuerung die gemäß dem geänderten Feststellungsbescheid verminderten gewerblichen Einkünfte zugrunde legte. In die mit dem Steuerbescheid verbundene Anrechnungsverfügung wurde die geändert festgesetzte Einkommensteuer eingestellt, während die Steuerabzugsbeträge und die Körperschaftsteuer nicht dem geänderten Feststellungsbescheid entsprechend berichtigt wurden, so dass die Anrechnungsverfügung im Ergebnis einen Erstattungsbetrag auswies.
Nachdem der Irrtum im Jahr 2008 bemerkt worden war, erließ das Finanzamt im Juli 2008 einen Einkommensteuerbescheid für 2001 mit gem. §§ 129, 130 AO berichtigter Anrechnungsverfügung, die keine auf die Einkünfte aus der Beteiligung an der KG entfallenden Steuerabzugsbeträge und anrechenbare Körperschaftsteuer enthielt und somit im Ergebnis zu einem von der Klägerin noch zu entrichtenden Betrag führte. In dem hiergegen erhobenen Einspruch der Klägerin sah das Finanzamt einen Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids, den es im August 2008 mit einem der Anrechnungsverfügung des Einkommensteuerbescheids von Juli 2008 entsprechenden Inhalt erließ.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin geltend macht, die Änderungsvoraussetzungen des § 129 AO lägen nicht vor, jedenfalls habe die Anrechnungsverfügung wegen eingetretener Zahlungsverjährung nicht zu ihren Ungunsten geändert werden dürfen, ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der angefochtene Abrechnungsbescheid ist rechtmäßig.
Das FG hat zutreffend entschieden, dass nicht nur die unter dem 25. April 2006 vom Feststellungs-Finanzamt mitgeteilte geänderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 182 Abs. 1 S. 1 AO für den Steuerbescheid bindend ist, sondern auch die gleichzeitig auf jeweils 0 DM geänderte Feststellung der Steuerabzugsbeträge sowie der anrechenbaren Körperschaftsteuer gem. § 182 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 i.V.m. S. 1 AO Bindungswirkung für die mit dem geänderten Steuerbescheid verbundene Anrechnungsverfügung hat und diese gem. § 182 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 AO in entsprechender Anwendung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO in der sich aus dem Bescheid von Juli 2008 ergebenden Weise zu korrigieren ist. Der Änderung der Anrechnungsverfügung steht Zahlungsverjährung nicht entgegen.
Die dem Finanzamt im April 2006 mitgeteilte Änderung der Besteuerungsgrundlagen durch das Feststellungs-Finanzamt hat das Finanzamt mit dem Einkommensteuerbescheid von Mai 2006 innerhalb der Festsetzungsfrist umgesetzt (§ 171 Abs. 10 AO). Auf die danach erforderliche Änderung auch der mit dem Steuerbescheid verbundenen Anrechnungsverfügung bzw. auf einen entsprechenden Abrechnungsbescheid findet diese Festsetzungs-Verjährungsvorschrift indes keine Anwendung, weil Anrechnungsverfügung und Abrechnungsbescheid Verwaltungsakte im Steuererhebungsverfahren sind, in dem es nur die fünfjährige Frist der Zahlungsverjährung gem. § 228 AO gibt. Diese Verjährungsfrist war nicht abgelaufen, als das Finanzamt die mit dem Einkommensteuerbescheid von Juli 2008 verbundene berichtigte Anrechnungsverfügung erließ.
Soweit nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, auf die sich die Revision beruft, die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen nach Ablauf der Zahlungsverjährungsfrist weder zu Gunsten noch zu Lasten des Steuerpflichtigen geändert werden kann, lag jenen entschiedenen Fällen - anders als vorliegend - keine sich auf die Anrechnungsverfügung auswirkende geänderte Steuerfestsetzung zugrunde. Ändert sich aber die Festsetzung der Einkommensteuer, ist im Umfang dieser Änderung auch die mit dem Änderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung anzupassen, ohne dass der Anpassung bis dahin ggf. bereits abgelaufene Zahlungsverjährungsfristen bezüglich früher entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entgegenstehen könnten.
Dies folgt aus der durch § 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG hergestellten Verknüpfung zwischen Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren, die dem Steuerbescheid eine einem Grundlagenbescheid ähnliche bindende Wirkung für ihm folgende Anrechnungsverfügungen bzw. Abrechnungsbescheide verleiht. Die Anrechnungsverfügung ist der geänderten Steuerfestsetzung anzupassen, indem der geänderte festgesetzte Betrag in sie eingestellt wird. Dies hat innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist des § 228 AO zu geschehen, die mit der Bekanntgabe des Steueränderungsbescheids (insoweit erneut) in Lauf gesetzt wird. Gleiches gilt für die in die Anrechnungsverfügung gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG (sowie gem. § 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 EStG a.F.) aufzunehmenden Abzugsbeträge, soweit sich diese infolge bei der Veranlagung abweichend erfasster Einkünfte geändert haben.
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