16.02.2023

Zur Berücksichtigung von AfA auf nachträgliche Anschaffungskosten eines PKW-Tiefgaragenstellplatzes bei vorheriger Inanspruchnahme von Denkmal-AfA

1. Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind bei der Vornahme von AfA nach § 7 Abs. 5 EStG grundsätzlich ab dem Jahr ihres Anfalls zusammen mit den bisherigen Herstellungs- und Anschaffungskosten des Gebäudes nach dem für diese geltenden Prozentsatz abzusetzen.
2. Nimmt der Steuerpflichtige AfA nach § 7i EStG auf die Herstellungskosten für Baumaßnahmen zur Erhaltung eines denkmalgeschützten Gebäudes in Anspruch, erhöhen die ‑‑nach Ablauf des Begünstigungszeitraums für AfA nach § 7i EStG angefallenen‑‑ nachträglichen Anschaffungskosten eines im gleichen Gebäude befindlichen PKW-Tiefgaragenstellplatzes lediglich die Bemessungsgrundlage für den ‑‑nicht nach § 7i EStG begünstigten‑‑ Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes, von dem der Kläger (weiterhin) AfA nach § 7 Abs. 5 EStG vornimmt.

Kurzbesprechung
BFH v. 15. 11. 2022 - IX R 14/20

EStG § 6 Abs 1 Nr. 1a, § 7 Abs 4, § 7 Abs 5 S 1 Nr. 3 Buchst b, § 7i Abs 1 S 5
HGB § 255 Abs 1 S 1, § 255 Abs 1 S 2


Streitig war, in welcher Höhe der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Einkünfte aus der Vermietung einer im Jahr 1998 erworbenen Eigentumswohnung AfA auf die nachträglichen Anschaffungskosten eines im gleichen Gebäudekomplex belegenen, im Jahr 2015 (Streitjahr) hinzuerworbenen PKW-Tiefgaragenstellplatzes geltend machen kann.

Bemessungsgrundlage der AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG bilden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes. Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind bei der Vornahme von AfA nach § 7 Abs. 5 EStG ab dem Jahr ihres Anfalls zusammen mit den bisherigen Herstellungs- und Anschaffungskosten des Gebäudes nach dem für diese geltenden Prozentsatz abzusetzen.

Abweichend von § 7 Abs. 5 EStG kann der Steuerpflichtige nach § 7i EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung bei einem Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, jeweils bis zu 10 % der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren absetzen. Begünstigt sind nach § 7i Abs. 1 Satz 5 EStG überdies Anschaffungskosten auf derartige Baumaßnahmen, soweit diese nach dem rechtswirksamen Abschluss eines obligatorischen Erwerbsvertrags oder eines gleichstehenden Rechtsakts durchgeführt worden sind. Nicht begünstigt sind demgegenüber die Anschaffungskosten eines bereits instand gesetzten bzw. intakten Baudenkmals.

Der Steuerpflichtige kann die Absetzungen nach § 7i EStG nur in Anspruch nehmen, wenn er durch eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen oder von der Landesregierung bestimmten Stelle die Begünstigungsvoraussetzungen für das Gebäude oder den Gebäudeteil und für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nachweist (§ 7i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG). § 7i EStG lässt ‑ zur erleichterten Erhaltung und verbesserten Nutzung von Baudenkmalen oder schützenswerten Ensembles ‑ eine von § 7 Abs. 4 und 5 EStG abweichende zeitliche Verteilung des zur Erhaltung oder sinnvollen Nutzung erforderlichen (Herstellungs- bzw. Anschaffungs-)Aufwands zu, wenn für die Gebäude oder Gebäudeteile alternativ die Regel-AfA nach § 7 EStG geltend gemacht werden könnte.

Bemessungsgrundlage der AfA nach § 7i EStG sind nicht, wie bei der AfA nach § 7 EStG, die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes, sondern lediglich diejenigen Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die gemäß Abs. 1 der Vorschrift nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind oder die durch derart begünstigte Maßnahmen veranlassten Anschaffungskosten i.S. des § 7i Abs. 1 Satz 5 EStG (einschließlich der sog. anschaffungsnahen Herstellungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG).

Aufgrund der gesetzlichen Begrenzung des Aufwands auf die Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten für bestimmte Baumaßnahmen, deren Erforderlichkeit denkmalschutzrechtlich bescheinigt ist, entsteht bei den erhöhten Absetzungen nach § 7i EStG eine eigenständige ‑ von § 7 EStG unabhängige ‑ AfA-Reihe mit eigenständiger AfA-Bezugsgröße (Bemessungsgrundlage), eigenem AfA-Satz und eigenem AfA-Volumen.

Nachträgliche Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten, für die die Voraussetzungen des § 7i EStG durch eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen oder von der Landesregierung bestimmten Stelle nachgewiesen werden, erhöhen die Bemessungsgrundlage der AfA nach § 7i EStG.

Wird die Möglichkeit der Absetzung begünstigter Herstellungskosten (§ 7i Abs. 1 Satz 1 EStG) oder Anschaffungskosten (§ 7i Abs. 1 Satz 5 EStG) nicht in vollem Umfang genutzt und das nach § 7i EStG zur Verfügung stehende AfA-Volumen mithin nicht ausgeschöpft, ist ein etwaiger Restwert den Herstellungs- oder Anschaffungskosten des Gebäudes oder dem an deren Stelle tretenden Wert hinzuzurechnen; die weiteren AfA sind einheitlich für das gesamte Gebäude nach dem sich hiernach ergebenden Betrag und dem für das Gebäude maßgebenden Prozentsatz zu bemessen (§ 7i Abs. 1 Satz 8 i.V.m. § 7h Abs. 1 Satz 5 EStG).

Die AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass für einen Teil der Gesamtaufwendungen Absetzungen nach § 7i Abs. 1 EStG in Anspruch genommen werden; insbesondere die Regelung in § 7a Abs. 5 EStG steht dem nicht entgegen, weil ‑ wie § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG verdeutlicht ‑ die AfA nach § 7 Abs. 5 EStG nicht zu den erhöhten Absetzungen gehören.

Im Streitfall konnte der Steuerpflichtige daher AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG (nur) aus der Summe von nachträglichen Anschaffungskosten für den Tiefgaragenstellplatz und den nicht nach § 7i EStG begünstigten Anschaffungskosten für das Gebäude (Altbausubstanz) als Bemessungsgrundlage von seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen.

Denn entscheidet sich der Steuerpflichtige, für einen Teil des ursprünglichen Gesamtaufwands die erhöhte AfA für Baudenkmale nach § 7i EStG in Anspruch zu nehmen, liegt darin auch die Entscheidung, für einen Teil dieser Aufwendungen AfA nach einer abweichenden Bezugsgröße geltend zu machen; denn § 7i Abs. 1 EStG begünstigt nicht die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern lediglich solche, die für Baumaßnahmen aufgewendet werden, welche zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind und für die die Erforderlichkeit durch eine Bescheinigung der zuständigen Denkmalbehörde nachgewiesen ist (§ 7i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG).

Die auf diese Weise nach einer abweichenden Bezugsgröße begünstigten Aufwendungen i.S. des § 7i EStG führen zu einem gesonderten, gesetzessystematisch vom Gesamtaufwand getrennten AfA-Volumen, aus dem der Steuerpflichtige im Verteilungszeitraum ‑ an Stelle der regulären AfA nach § 7 EStG ‑ AfA nach einem erhöhten AfA-Satz bei der Ermittlung seiner Einkünfte geltend machen kann. Dieses gesonderte AfA-Volumen, das sich aus nach § 7i EStG begünstigten Aufwendungen speist, steht rechtlich "neben" dem AfA-Volumen, welches für die Berücksichtigung von AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG zur Verfügung steht und aus Aufwendungen besteht, die nicht nach § 7i EStG begünstigt sind, sondern die Neubauqualität des Gebäudes voraussetzen.

Wird aber ein Restwert aus nach § 7i EStG begünstigten nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten ("nur") den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes (und damit den nicht nach § 7i EStG begünstigten Anschaffungs- oder Herstellungskosten als "Teil der gesamten Aufwendungen") zugeschlagen, kann für nicht nach § 7i EStG begünstigte nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten nichts anderes gelten. Der Umstand, dass im Streitfall nicht nach § 7i EStG begünstigte nachträgliche Anschaffungskosten angefallen waren, ändert am Verbrauch des nach § 7i EStG begünstigten AfA-Volumens nichts.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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