Zur Bestimmung des cif-Einfuhrpreises bei Lieferketten zur Berechnung des Zusatzzolls nach der Verordnung (EG) Nr. 1484/95
BFH 23.4.2014, VII R 1/13Die Klägerin erwarb von der in Deutschland ansässigen H-GmbH 1.500 Kartons gefrorene Hühnerteile (Codenummer 0207 1410 00 0). Die H-GmbH hatte die Hühnerteile zuvor von einem brasilianischen Ausführer erworben. Ursprungsland der Hühnerteile war ebenfalls Brasilien. Die Klägerin meldete die gefrorenen Hühnerteile im Oktober 2004 zur Überführung in den freien Verkehr an. Das beklagte Hauptzollamt berechnete die Einfuhrabgaben auf Grundlage der von der H-GmbH gestellten Handelsrechnung.
Nachdem das Hauptzollamt im Rahmen einer Nachprüfung die vom brasilianischen Ausführer gegenüber der H-GmbH gestellte Handelsrechnung sowie Unterlagen über die Transport- und Versicherungskosten erhalten hatte, forderte es gem. Art. 220 Abs. 1 des Zollkodex (ZK) Einfuhrabgaben nach. Der Zusatzzoll nach der Verordnung (EG) Nr. 1484/95 (VO Nr. 1484/95) mit Durchführungsbestimmungen zur Regelung der zusätzlichen Einfuhrzölle und zur Festsetzung der repräsentativen Preise in den Sektoren Geflügelfleisch und Eier sei nicht auf Grundlage der vom deutschen Zwischenhändler gestellten Handelsrechnung, sondern auf Grundlage eines cif-Einfuhrpreises i.H.v. 128,94 €/100 kg zu berechnen.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass es bei der Bestimmung des cif-Einfuhrpreises i.S.d. Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 VO Nr. 1484/95 auf die vom brasilianischen Ausführer gestellte Rechnung zzgl. der tatsächlichen Transport- und Versicherungskosten ankommt.
Hierfür spricht zunächst der klare Wortlaut der VO Nr. 1484/95. Nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 der Verordnung ist der Zusatzzoll auf Grundlage des cif-Einfuhrpreises der betreffenden Sendung zu berechnen. Eine Definition des cif-Einfuhrpreises, die ausdrücklich für die gesamte VO Nr. 1484/95 gelten soll, findet sich in Art. 2 Abs. 1 Anstrich 2. Danach besteht der cif-Einfuhrpreis aus dem fob-Preis im Ursprungsland und den tatsächlichen Transport- und Versicherungskosten "bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft". Damit wird derjenige Ort bezeichnet, an dem die Ware tatsächlich die Grenze zum Zollgebiet der Gemeinschaft überschreitet, d.h. gerade nicht der Ort der - ggf. späteren - Überführung in den freien Verkehr.
Die Auslegung nach dem Wortlaut wird sowohl durch eine systematische als auch durch eine teleologische Auslegung bestätigt. Die Maßgeblichkeit des tatsächlichen Verbringens der Ware in das Zollgebiet für die Bestimmung des cif-Einfuhrpreises deckt sich darüber hinaus mit den Vorschriften des Zollwertrechts. Auch hier ist für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage grundsätzlich auf das tatsächliche Verbringen in das Zollgebiet der Union abzustellen (Art. 32 Abs. 1 Buchst. e, Art. 33 Buchst. a ZK i.V.m. Art. 163 der Zollkodex-Durchführungsverordnung).
Auch die Streichung der Definition des cif-Einfuhrpreises in Art. 2 Abs. 1 Anstrich 2 VO Nr. 1484/95 durch die VO Nr. 816/2009 kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Zum einen gilt die alte Fassung des Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 1484/95 für das Streitjahr. Zum anderen ergeben sich aus den Erwägungsgründen der VO Nr. 816/2009 keine Anhaltspunkte, dass die Streichung zu einer abweichenden Bestimmung des cif-Einfuhrpreises führen sollte. Vielmehr wird in den Erwägungsgründen allein auf die Gründe für die geänderte Ermittlung der repräsentativen Preise hingewiesen.
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