21.07.2011

Zur Betriebsaufspaltung zwischen Mehrheitsaktionär und AG

Im Anschluss an die BFH-Entscheidung vom 28.1.1982 (Az.: IV R 100/78) gilt die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung grundsätzlich auch im Verhältnis zwischen einer AG und ihrem Mehrheitsaktionär. Auch die zwischenzeitlichen Änderungen im Aktienrecht haben diese Grundsätze nicht überholt, wobei sie auch auf börsennotierte AG anwendbar sind.

BFH 23.3.2011, X R 45/09
Der Sachverhalt:
Im Streitjahr 2001 hielt der Kläger 71,18 % des Grundkapitals einer AG und war außerdem Vorsitzender des Vorstandes. Die AG war durch Umwandlung einer GmbH entstanden und börsennotiert. Der Vorstand bestand im Streitjahr zunächst aus drei, später nur noch aus zwei Mitgliedern. Der Kläger war einzelvertretungsberechtigt. Die anderen Vorstandsmitglieder waren es nicht. Beschlüsse sollten laut Geschäftsordnung "nach Möglichkeit" einstimmig gefasst werden. Konnte Einstimmigkeit nicht erzielt werden, entschied die einfache Stimmenmehrheit, wobei die Stimme des Vorsitzenden bei Stimmengleichheit den Ausschlag gab.

Bestimmte Rechtsgeschäfte durften nur mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Aufsichtsrats getätigt werden. Diese Klausel bezog sich auch auf den Abschluss von Mietverträgen, bei denen der Barwert sich im Jahr auf mehr als 2 Mio. € belief. Seit Sommer 2000 verhandelte der Kläger mit der AG über die Anmietung Bürogebäude, das er seinerzeit auf einem ihm gehörenden Grundstück errichten ließ. Im August 2001 schlug der Vorstand dem Aufsichtsrat die Anmietung vor. Der Aufsichtsrat fasste einen entsprechenden Beschluss. In der folgenden Aufsichtsratssitzung wurde dieser Beschluss auf Vorschlag des Klägers dahingehend geändert, dass die Festmietzeit verkürzt und eine Änderung hinsichtlich der Behandlung der Einbauten vorgenommen wurde. Die Grenze von 2 Mio. € Netto-Jahresmiete wurde damit nicht überschritten. Das Mietverhältnis begann im November 2001.

Der Kläger erklärte aus der Grundstücksvermietung zunächst negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, zwischen dem Kläger und der AG habe seit November 2001 eine Betriebsaufspaltung bestanden. Infolgedessen setzte es entsprechende Einkünfte aus Gewerbebetrieb an, die wegen der Einkünfteermittlung nach Bilanzierungsgrundsätzen zu einer höheren Steuerfestsetzung führten.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers blieb vor dem BFH ohne Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger im Streitjahr aus der Vermietung des Gebäudes an die AG Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 21 Abs. 3 EStG erzielt hatte, weil zwischen ihm und der AG eine Betriebsaufspaltung bestand.

Die Vermietung von Wirtschaftsgütern an ein Unternehmen wird nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung dann als - über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgehende - gewerbliche Tätigkeit angesehen, wenn das vermietende Besitzunternehmen mit dem mietenden Betriebsunternehmen sachlich und personell verflochten ist. Da der Kläger nicht nur das "Besitzunternehmen" beherrschte, sondern auch die AG als Betriebs-Kapitalgesellschaft, waren die Voraussetzungen der personellen Verflechtung erfüllt. Die hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind entgegen der Ansicht des Klägers verfassungsgemäß.

Zu Recht hatte die Vorinstanz mit Verweis auf den IV. Senat entschieden, dass der Mehrheitsaktionär mittelbar über die personelle Zusammensetzung des Vorstands und damit über die Grundlinien der Geschäftspolitik der AG entscheiden kann. Dies reicht für die Feststellung einer personellen Verflechtung auch dann aus, wenn man hieran "strenge Anforderungen" stellt. Denn die Stimmenmehrheit im maßgebenden Beschlussorgan ist - im Gegensatz zu den stärker von den Besonderheiten des Einzelfalls abhängigen "faktischen Beherrschungsverhältnissen" - das durchschlagende Beherrschungsinstrument in einer Gesellschaft, deren innere Verfassung auf dem Prinzip der Entscheidungsfindung kraft Kapitalmehrheit beruht.

Auch der BGH geht davon aus, dass der Mehrheitsaktionär schon kraft des gesellschaftsrechtlichen Statuts der AG die Möglichkeit der Einflussnahme auf deren Geschäftsführung hat. Ebenso ist durch die höchstrichterliche Zivilrechtsprechung bereits ausdrücklich entschieden worden, dass die aktienrechtliche Ausgestaltung der eigenverantwortlichen Stellung des Vorstandes und selbst der Umstand, dass der Vorstand sich in der Vergangenheit bereits tatsächlich bestimmten Wünschen des Großaktionärs verschlossen hat, nicht geeignet ist, den beherrschenden Einfluss eines Großaktionärs auf längere Sicht in Frage zu stellen.

Auch die Änderungen im Aktienrecht seit Ergehen des BFH-Urteils vom 28.1.1982 (Az.: IV R 100/78) bis einschließlich 2001 haben diejenigen Strukturmerkmale der AG, die für die Bejahung der grundsätzlichen Möglichkeit einer Beherrschung einer AG durch ihren Mehrheitsaktionär tragend sind, unberührt gelassen. In Bezug auf die Anwendung der Grundsätze über die Betriebsaufspaltung besteht auch kein entscheidungserheblicher Unterschied zwischen einer börsennotierten AG, deren Aktien sich mehrheitlich in der Hand eines einzigen Großaktionärs befinden, und einer nicht börsennotierten AG, wie sie Gegenstand des BFH-Urteils vom 28.1.1982 war.

Linkhinweis:

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