Zur Bezeichnung des Klagebegehrens bei geschätzten Besteuerungsgrundlagen
BFH 22.9.2015, I B 61/15Die Klägerin ist eine GmbH. Sie hatte in der Vergangenheit keine Steuererklärungen abgegeben, weshalb das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzte und entsprechende Bescheide erließ. Die dagegen eingelegten Einsprüche wurden nicht begründet. Die fristgerecht erhobene Klage begründete die Klägerin damit, dass die Bescheide überhöht und unzutreffend seien. Eine Aufforderung des FG gem. § 65 FGO, den Gegenstand des Klagebegehrens binnen einer Ausschlussfrist zu bezeichnen, beantwortete die Klägerin im Wesentlichen dahingehend, dass den Bescheiden eine überhöhte Schätzung des Gewinns bzw. eine unzutreffende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen zugrunde läge.
Auf den Gerichtsbescheid des FG, mit dem dieses die Klage als unzulässig abgewiesen hatte, stellte die Klägerin Antrag auf mündliche Verhandlung. Die Klägerin erschien in der mündlichen Verhandlung nicht; das FG wies mit dem angegriffenen Urteil die Klage mit der Begründung ab, dass der Gegenstand des Klagebegehrens innerhalb der gesetzten Ausschlussfrist nicht hinreichend bezeichnet worden sei. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.
Gründe:
Das Prozessurteil des FG war in der Sache richtig, weshalb der Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO der Erfolg zu versagen war.
Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage u.a. den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Eine ausreichende Bezeichnung erfordert zumindest die substantiierte und schlüssige Darlegung, was der Kläger begehrt und worin er eine Rechtsverletzung sieht; dadurch soll das Gericht in die Lage versetzt werden, die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis zu bestimmen. Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, muss der Vorsitzende oder ein Berichterstatter den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist auffordern. Dem Kläger kann für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung gesetzt werden, wenn es an einem der in § 65 Abs. 1 S. 1 FGO genannten Erfordernisse fehlt.
Wie weit ein Klagebegehren zu substantiieren ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von dem Inhalt des angefochtenen Verwaltungsakts, der Steuerart und der Klageart. Klagt ein Steuerpflichtiger gegen Steuerbescheide mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen, so muss er zwecks Bezeichnung des Klagebegehrens zumindest substantiiert darlegen, weshalb die geschätzten Besteuerungsgrundlagen zu hoch angesetzt wurden. Soweit wegen fehlender Unterlagen genaue Angaben nicht möglich sind, muss er anhand der ihm zugänglichen Erkenntnisquellen zumindest eine substantiierte Schätzung vornehmen.
Diesen Anforderungen hatten die Ausführungen der Klägerin nicht entsprochen. Über die pauschale Rüge, die Schätzung sei zu hoch und entspräche nicht den tatsächlichen Verhältnissen, ging das Vorbringen nicht hinaus. Da das Klagebegehren somit nicht innerhalb der gesetzten Ausschlussfrist bezeichnet wurde, im Hinblick auf die wirksam gesetzte und sodann versäumte Frist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wurde und für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch sonst nichts sprach, war die Klage mit Fristablauf endgültig und unheilbar unzulässig geworden. In Anbetracht dessen war zwingend durch Prozessurteil zu entscheiden.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.