28.06.2012

Zur Doppelbesteuerung einer deutsch-französischen Erbschaft

Ein in Deutschland ansässiger Erbe muss die auf das geerbte französische Kapitalvermögen entfallende deutsche Erbschaftsteuer u.U. auch dann hinnehmen, wenn die Gesamtbelastung sowohl mit französischer als auch mit deutscher Erbschaftsteuer fast 72 Prozent beträgt. Die Erhebung der Erbschaftsteuer in Deutschland ist mit verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben vereinbar.

FG Baden-Württemberg 21.12.2011, 7 K 1935/10
Der Sachverhalt:
Streitig ist die Anrechnung der französischen Erbschaftsteuer auf die anteilige deutsche Erbschaftsteuer sowie (hilfsweise) deren Abzug als eine Nachlassverbindlichkeit von der Bemessungsgrundlage der deutschen Erbschaftsteuer.

Die Klägerin ist als Erbin zu einem Viertel am Nachlass ihrer im April 2000 verstorbenen Großtante (Erblasserin) beteiligt. Der Nachlass bestand aus Kapitalvermögen in Deutschland und Frankreich. Der Anteil der Klägerin daran belief sich auf insgesamt rd. 815.000 DM. Die Erblasserin besaß die französische Staatsangehörigkeit, ihr Wohnsitz befand sich in Deutschland. Neben der Klägerin gab es zwei weitere Erben, alle Erben haben ihren Wohnsitz in Deutschland. Der französische Fiskus erhob auf das französische Kapitalvermögen eine Steuer von 55 Prozent nach dem für die Klägerin (als Großnichte) geltenden französischen Steuersatz.

Diese Besteuerung nahm die Klägerin zwar hin, sie wehrte sich anschließend jedoch gegen die parallel dazu anfallende deutsche Erbschaftsteuer. Die Bemühungen der Klägerin führten zum Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zwischen Deutschland und Frankreich, das auf den hier streitigen Erbfall aber noch nicht angewendet werden konnte (Art. 19 Abs. 2 S. 2 DBA Deutschland-Frankreich). Die Klägerin ist der Ansicht, die Erhebung der Erbschaftsteuer in Deutschland sei mit verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben nicht vereinbar.

Das FG wies die Klage ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die von der Klägerin eingelegte Revision wird beim BFH unter dem Az.: II R 10/12 geführt.

Die Gründe:
Die fehlende Anrechnung der französischen Erbschaftsteuer auf die anteilige deutsche Erbschaftsteuer ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Gem. § 21 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG ist bei Erwerbern, die in einem ausländischen Staat mit ihrem Auslandsvermögen zu einer der deutschen Erbschaftsteuer entsprechenden Steuer herangezogen worden sind, dann, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Inland hatte, die ausländische Steuer insoweit auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen, als das Auslandsvermögen auch der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt, sofern nicht ein DBA anzuwenden ist. Was unter Auslandsvermögen i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 und 2 ErbStG zu verstehen ist, ist in Abs. 2 der Vorschrift geregelt.

Die Erblasserin hatte - ebenso die Klägerin - ihren Wohnsitz im Inland. Das DBA auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer mit Frankreich ist erst am 3.4.2009 in Kraft getreten und nur auf Erbfälle anzuwenden, die nach diesem Stichtag eingetreten sind. Da der Erbfall bereits vor diesem Stichtag eingetreten ist, ist das DBA nicht maßgeblich, mit der Folge, dass § 21 ErbStG grundsätzlich anzuwenden ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin greift auch der Einwand, dass es im Streitfall zu einer mit unionsrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarenden Doppelbesteuerung mit deutscher und französischer Erbschaftsteuer komme, nicht durch.

Der EuGH hat entschieden, dass die Mitgliedsstaaten beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Unionsrechts über eine gewisse Autonomie verfügen und deshalb nicht verpflichtet sind, ihr eigenes Steuersystem an die verschiedenen Steuersysteme der anderen Mitgliedsstaaten anzupassen, um namentlich die sich aus der parallelen Ausübung ihrer Besteuerungsbefugnis ergebende Doppelbesteuerung zu beseitigen (EuGH 12.2.2009, C-67/08). Darin liegt weder ein Verstoß gegen die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 und Art. 58 EG; jetzt Art. 63 und Art. 65 AEUV) zwischen den Mitgliedstaaten noch ein unzulässiger Eingriff in das Eigentum oder das Erbrecht der Klägerin.

Der Abzug der französischen Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG ist ebenfalls zu Recht versagt worden. Einem Abzug der französischen Erbschaftsteuer steht § 10 Abs. 8 ErbStG entgegen. Danach ist die von dem Erwerber zu entrichtende eigene Erbschaftsteuer nicht abzugsfähig. Diese Bestimmung unterscheidet nicht zwischen der von dem Erwerber zu entrichtenden eigenen deutschen und ausländischen Erbschaftsteuer. Nach Ansicht des FG ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass § 10 Abs. 8 ErbStG hinsichtlich der von dem Erwerber entrichteten ausländischen Erbschaftsteuer nur dann nicht anwendbar sein soll, wenn und soweit die ausländische Steuer nicht nach § 21 ErbStG angerechnet werden kann.

Linkhinweis:

FG Baden-Württemberg NL vom 26.6.2012
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