Zur Einbringung einer freiberuflichen Praxis in eine Sozietät und den zurückbehaltenen Honorarforderungen
BFH 26.6.2012, VIII R 41/09Der Kläger ist Steuerberater. Er führte zunächst eine Einzelpraxis. Im Rahmen dieser Tätigkeit ermittelte er seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Im Jahr 1996 vereinbarte er mit weiteren Steuerberatern die Gründung einer Sozietät in Form einer GbR. Der Kläger verpflichtete sich dazu, im Januar 1997 seine bisherige Praxis unter Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven in die Sozietät einzubringen. Forderungen und Verbindlichkeiten, die bis dahin entstanden waren, waren von der Einbringungsverpflichtung ausgenommen.
Im Rahmen einer Außenprüfung beim Kläger kam die Steuerbehörde zu dem Ergebnis, dass die Zahlungseingänge der Jahre 1997 bis 1999 auf die Altforderungen des Klägers ebenso gewinnerhöhend zu berücksichtigen seien wie die am 31.12.1999 noch ausstehenden Forderungsbeträge. Infolgedessen änderte das Finanzamt den Feststellungsbescheid des Klägers für 1997 entsprechend.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Es war der Auffassung, dass der Kläger seine im Januar 1997 offenen Honorarforderungen nicht in die Sozietät eingebracht habe. Diese seien vielmehr Bestandteil seines Restbetriebsvermögens geworden. Den Gewinn dieses Restbetriebsvermögens könne der Kläger nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Folglich seien die Forderungen erst bei tatsächlichem Zahlungseingang gewinnwirksam zu erfassen.
Auf die Revision des Finanzamtes hielt es der BFH für sachdienlich, das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zum Beitritt aufzufordern.
Die Gründe:
Der XI. Senat hat mit Urteil vom 14.11.2007 (Az.: XI R 32/06) bereits entschieden, dass Forderungen, die im Rahmen einer Praxiseinbringung zurückbehalten werden, nicht zwangsläufig in das Privatvermögen des Einbringenden übergehen. Erklärt der Steuerpflichtige nicht ausdrücklich eine Entnahme der zurückbehaltenen betrieblich begründeten Forderungen ins Privatvermögen, kann er diese auch ohne Betrieb als Restbetriebsvermögen behandeln und schrittweise einziehen. Der erkennende Senat hat nun zu entscheiden, ob er sich dieser Rechtsprechung anschließt und ob der Einbringende seine Forderungen ggf. in einem bestimmten Abwicklungszeitraum einziehen muss.
Da das in BFH/NV 2008, 385 abgedruckte BFH-Urteil nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht wurde und deshalb von der Finanzverwaltung nicht angewendet wird und zudem möglicherweise der Auffassung des BMF entgegensteht (Schreiben zur Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 11.11.2011), besteht für die Steuerrechtspraxis eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Vor diesem Hintergrund hielt der Senat es für sachdienlich, das BMF an diesem Revisionsverfahren zu beteiligen.
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