Zur Einheitsbewertung einer Kiesgrube
BFH v. 22.7.2020 - II R 28/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Inhaberin eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft. Sie war zu den streitigen Bewertungsstichtagen 1.1.2007 und 1.1.2010 Eigentümerin von Flurstücken, die vormals im ursprünglichen Sinne land- und forstwirtschaftlich genutzt worden waren. Auf der Grundlage eines von ihren Rechtsvorgängern in 1988 abgeschlossenen Pachtvertrages überließ sie zu den beiden Stichtagen jeweils Teilflächen einem gewerblich tätigen Fremdunternehmer zum Abbau von Kies, Sand und sonstigen verwertbaren Materialien. Das Recht zur Ausbeute begann mit der Erteilung der Genehmigung. Es endete nach restloser Auskiesung und der von der Pächterin durchzuführenden Rekultivierung, spätestens jedoch nach 30 Jahren. Danach war wieder die landwirtschaftliche Nutzung durch den Verpächter vorgesehen. Es wurden keine bergfreien Bodenschätze i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 2 BBergG abgebaut.
Das Finanzamt hatte zunächst den Einheitswert des Betriebes der Land- und Forstwirtschaft auf den 1.1.2007 festgestellt und die Kiesgrube einbezogen. Im Wege der Nachfeststellung auf den 1.1.2007 stellte es für die nach Flurstücken näher bezeichnete Kiesgrube als eigene wirtschaftliche Einheit die Grundstücksart "unbebautes Grundstück" und einen Einheitswert i.H.v. rd. 130.000 € fest, den es im Rahmen der Einspruchsentscheidung nach entsprechendem Hinweis auf rd. 140.000 € erhöhte. Im Wege der Wertfortschreibung auf den 1.1.2010 stellte das Finanzamt für die Kiesgrube mit teilweise abweichenden Flurstücken wiederum die Grundstücksart "unbebautes Grundstück" und einen Einheitswert i.H.v. rd. 175.000 € fest, den es im Einspruchsverfahren auf rd. 160.000 € minderte. Die Klägerin begehrt die Aufhebung der Bescheide, da die Kiesabbauflächen weiterhin ihrem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen i.S.d. § 33 BewG zuzuordnen seien.
Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zutreffend erkannt, dass die zum Kiesabbau genutzten Flächen keine eigene wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens darstellen, sondern Teil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens geblieben sind.
Eine zum Kiesabbau genutzte Fläche kann auch dann zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gehören, wenn sie nicht Abbauland i.S.d. § 43 BewG ist. Es reicht aus, dass die Rekultivierung und die Rückführung in die land- und forstwirtschaftliche Nutzung vorgesehen sind. Auf die Zeitspanne, binnen derer dies zu geschehen hat, kommt es nicht an. Wird Grund und Boden zu nicht der Land- und Forstwirtschaft dienenden Zwecken genutzt, ohne dass ein Ende der anderweitigen Nutzung konkret absehbar ist, dient er dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr. Dem entsprechend hat der BFH Flächen, die an einen Poloverein bzw. einen Golfverein verpachtet waren, nicht mehr dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugerechnet. Sie werden so bewertet, wie es der Nutzung durch die Pächter entspricht.
Anders verhält es sich, wenn von vornherein die Wiederaufnahme der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung geplant ist. Unter diesen Umständen ist der Grund und Boden weiterhin dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft "dauernd zu dienen bestimmt". Auch bei einer vorübergehenden anderweitigen Nutzung des Grund und Bodens ist der dauerhafte Funktionszusammenhang mit dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht unterbrochen. Der Fortbestand der land- und forstwirtschaftlichen Zweckbestimmung ist nicht auf die Fälle der Stilllegung im Sinne einer Nichtnutzung beschränkt. Für die Frage, welche dauerhafte Zweckbestimmung ein Wirtschaftsgut besitzt, stellt es keinen Unterschied dar, ob eine vorübergehende - nicht dauerhafte - nicht diesem Zweck entsprechende Nutzung eine Nichtnutzung oder eine anderweitige Nutzung ist.
Dasselbe gilt für die zeitweilige Überlassung von Grund und Boden für den Abbau grundeigener sowie nicht dem BBergG unterliegender Bodenschätze. Für die Abgrenzung zwischen dauerhafter und vorübergehender Zweckbestimmung ist nicht entscheidend, in welcher Weise der Eigentümer des Grund und Bodens für die Überlassung zum Abbau des Bodenschatzes entgolten wird. Denn der Eigentümer eines zunächst land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücks steht in der Zeit des Abbaus des bergfreien Bodenschatzes nicht anders dar, als er ohne die zeitweilige Nutzungsüberlassung gestanden hätte. Es ist davon auszugehen, dass der Erlös, den der Eigentümer für die Nutzungsüberlassung zum Abbau auch anderer als bergfreier Bodenschätze erzielt, nicht hinter demjenigen Erlös zurückbleibt, den er für die Fortführung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung erzielt hätte, denn andernfalls fände diese Nutzungsüberlassung nicht statt.
Nach diesen Maßstäben war im Streitfall der durch die Kiesgrube in ihrer jeweiligen Ausdehnung in Anspruch genommene Grund und Boden weiterhin dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft der Klägerin dauernd zu dienen bestimmt. Die Kiesgrube stellt deshalb keine selbständige wirtschaftliche Einheit i.S.d. § 2 BewG dar und ist nicht für sich zu bewerten. Der Pachtvertrag sah die Rekultivierung der Flächen nach längstens 30 Jahren, je nach Fortschreiten des Abbaus auch schon früher vor. Damit hatte sich an ihrer dauerhaften Zweckbestimmung für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin nichts geändert. Es handelte sich lediglich um eine vorübergehende anderweitige Nutzung, die unschädlich ist.
BFH online
Die Klägerin ist Inhaberin eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft. Sie war zu den streitigen Bewertungsstichtagen 1.1.2007 und 1.1.2010 Eigentümerin von Flurstücken, die vormals im ursprünglichen Sinne land- und forstwirtschaftlich genutzt worden waren. Auf der Grundlage eines von ihren Rechtsvorgängern in 1988 abgeschlossenen Pachtvertrages überließ sie zu den beiden Stichtagen jeweils Teilflächen einem gewerblich tätigen Fremdunternehmer zum Abbau von Kies, Sand und sonstigen verwertbaren Materialien. Das Recht zur Ausbeute begann mit der Erteilung der Genehmigung. Es endete nach restloser Auskiesung und der von der Pächterin durchzuführenden Rekultivierung, spätestens jedoch nach 30 Jahren. Danach war wieder die landwirtschaftliche Nutzung durch den Verpächter vorgesehen. Es wurden keine bergfreien Bodenschätze i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 2 BBergG abgebaut.
Das Finanzamt hatte zunächst den Einheitswert des Betriebes der Land- und Forstwirtschaft auf den 1.1.2007 festgestellt und die Kiesgrube einbezogen. Im Wege der Nachfeststellung auf den 1.1.2007 stellte es für die nach Flurstücken näher bezeichnete Kiesgrube als eigene wirtschaftliche Einheit die Grundstücksart "unbebautes Grundstück" und einen Einheitswert i.H.v. rd. 130.000 € fest, den es im Rahmen der Einspruchsentscheidung nach entsprechendem Hinweis auf rd. 140.000 € erhöhte. Im Wege der Wertfortschreibung auf den 1.1.2010 stellte das Finanzamt für die Kiesgrube mit teilweise abweichenden Flurstücken wiederum die Grundstücksart "unbebautes Grundstück" und einen Einheitswert i.H.v. rd. 175.000 € fest, den es im Einspruchsverfahren auf rd. 160.000 € minderte. Die Klägerin begehrt die Aufhebung der Bescheide, da die Kiesabbauflächen weiterhin ihrem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen i.S.d. § 33 BewG zuzuordnen seien.
Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zutreffend erkannt, dass die zum Kiesabbau genutzten Flächen keine eigene wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens darstellen, sondern Teil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens geblieben sind.
Eine zum Kiesabbau genutzte Fläche kann auch dann zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gehören, wenn sie nicht Abbauland i.S.d. § 43 BewG ist. Es reicht aus, dass die Rekultivierung und die Rückführung in die land- und forstwirtschaftliche Nutzung vorgesehen sind. Auf die Zeitspanne, binnen derer dies zu geschehen hat, kommt es nicht an. Wird Grund und Boden zu nicht der Land- und Forstwirtschaft dienenden Zwecken genutzt, ohne dass ein Ende der anderweitigen Nutzung konkret absehbar ist, dient er dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr. Dem entsprechend hat der BFH Flächen, die an einen Poloverein bzw. einen Golfverein verpachtet waren, nicht mehr dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugerechnet. Sie werden so bewertet, wie es der Nutzung durch die Pächter entspricht.
Anders verhält es sich, wenn von vornherein die Wiederaufnahme der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung geplant ist. Unter diesen Umständen ist der Grund und Boden weiterhin dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft "dauernd zu dienen bestimmt". Auch bei einer vorübergehenden anderweitigen Nutzung des Grund und Bodens ist der dauerhafte Funktionszusammenhang mit dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht unterbrochen. Der Fortbestand der land- und forstwirtschaftlichen Zweckbestimmung ist nicht auf die Fälle der Stilllegung im Sinne einer Nichtnutzung beschränkt. Für die Frage, welche dauerhafte Zweckbestimmung ein Wirtschaftsgut besitzt, stellt es keinen Unterschied dar, ob eine vorübergehende - nicht dauerhafte - nicht diesem Zweck entsprechende Nutzung eine Nichtnutzung oder eine anderweitige Nutzung ist.
Dasselbe gilt für die zeitweilige Überlassung von Grund und Boden für den Abbau grundeigener sowie nicht dem BBergG unterliegender Bodenschätze. Für die Abgrenzung zwischen dauerhafter und vorübergehender Zweckbestimmung ist nicht entscheidend, in welcher Weise der Eigentümer des Grund und Bodens für die Überlassung zum Abbau des Bodenschatzes entgolten wird. Denn der Eigentümer eines zunächst land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücks steht in der Zeit des Abbaus des bergfreien Bodenschatzes nicht anders dar, als er ohne die zeitweilige Nutzungsüberlassung gestanden hätte. Es ist davon auszugehen, dass der Erlös, den der Eigentümer für die Nutzungsüberlassung zum Abbau auch anderer als bergfreier Bodenschätze erzielt, nicht hinter demjenigen Erlös zurückbleibt, den er für die Fortführung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung erzielt hätte, denn andernfalls fände diese Nutzungsüberlassung nicht statt.
Nach diesen Maßstäben war im Streitfall der durch die Kiesgrube in ihrer jeweiligen Ausdehnung in Anspruch genommene Grund und Boden weiterhin dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft der Klägerin dauernd zu dienen bestimmt. Die Kiesgrube stellt deshalb keine selbständige wirtschaftliche Einheit i.S.d. § 2 BewG dar und ist nicht für sich zu bewerten. Der Pachtvertrag sah die Rekultivierung der Flächen nach längstens 30 Jahren, je nach Fortschreiten des Abbaus auch schon früher vor. Damit hatte sich an ihrer dauerhaften Zweckbestimmung für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin nichts geändert. Es handelte sich lediglich um eine vorübergehende anderweitige Nutzung, die unschädlich ist.