30.05.2018

Zur Einkunftserzielungsabsicht einer Feng-Shui-Beraterin

Übt der Steuerpflichtige eine Tätigkeit aus, die nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, können im Falle einer längeren Verlustperiode die Reaktionen des Steuerpflichtigen auf die Verluste die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen. Solange der Anlaufzeitraum noch nicht abgeschlossen ist, kann einer unternehmerischen Tätigkeit allerdings, selbst wenn sie von Beginn an nur Verluste eingebracht hat und nach der Art, wie sie betrieben wird, auch auf Dauer gesehen nicht geeignet ist, Gewinne abzuwerfen, nur in Ausnahmefällen die steuerliche Anerkennung versagt werden.

FG Berlin-Brandenburg 24.1.2018, 7 K 7100/16
Der Sachverhalt:
Die erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Beschäftigte der Behindertenhilfe eines Wohlfahrtsverbandes und machte darüber hinaus Verluste aus gewerblichen Einkünften bzw. selbständiger Arbeit als Feng-Shui-Beraterin geltend. Diese Tätigkeit hatte die Klägerin im Jahr 2005 aufgenommen. Für 2006 lag keine Gewinnermittlung vor. Für 2008 ergab sich aus einer Aufstellung des Finanzamtes, dass die Klägerin insoweit weder Einnahmen noch Ausgaben im Zusammenhang mit ihrem Betrieb erklärt hatte.

Aufwendungen i.H.v. 416 € für Bogenschießen in 2009 gingen zurück auf ein Seminar "Bogenschießen - Das Ziel ist die Berührung der Seele". Dafür lagen Bescheide für Bildungsfreistellung bzw. Bildungsurlaub vor. Außerdem betrieb die Klägerin seinerzeit eine Website, die auch heute noch existiert. Das Portal web.archive.org weist Funde dieser Website ab dem 20.1.2012 nach, wobei die Website bereits damals im Wesentlichen ihre heutige Gestaltung aufwies. Eine Google-Suche mit einschlägigen Stichworten am 12.12.2017 wies die Seite auf der Seite 6 der Suchergebnisse nach. Bei Hinzufügung des Stichworts "Beratung" wurde die Seite auf Seite 5 der Suchergebnisse nachgewiesen.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 gab die Klägerin in der Anlage N an, ihre Arbeitsstätte an 153 Tagen aufgesucht zu haben und an 79 Tagen im Urlaub oder krank gewesen zu sein. In einem Begleitschreiben vom 1.6.2015 gab sie an, wegen ihres schlechten Gesundheitszustands in 2014 keine Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit erwirtschaftet zu haben. In 2015 ändere sich das wieder.

Das Finanzamt veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß. Später erließ die Behörde allerdings nach § 165 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2011 und 2014, in denen sie die bisher berücksichtigten Verluste aus Einkünften aus selbständiger Arbeit bzw. Gewerbetrieb außer Ansatz ließ, da es sich insoweit um Liebhaberei handele. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage weitestgehend statt.

Die Gründe:
Die Klägerin wurde durch die angefochtenen Bescheide dadurch in ihren Rechten verletzt, dass das Finanzamt die Gewinnerzielungsabsicht verneint und die tenorierten Verluste nicht berücksichtigt hatte. Dabei war der für 2009 erklärte Verlust um 416 € (Aufwendungen für Bogenschießen) zu mindern.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin mit ihrer selbständigen Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG oder Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG (wovon die Beteiligten wohl überwiegend ausgingen) erzielt hatte. Beide Einkunftsarten setzen nämlich gem. § 15 Abs. 2 S. 1 EStG bzw. nach allgemeinen einkommensteuerlichen Grundsätzen und der Verweisung in § 18 Abs. 4 EStG die Gewinnerzielungsabsicht voraus. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist hinreichend geklärt, dass die Gewinnerzielungsabsicht als Tatbestandsmerkmal gewerblicher Tätigkeit das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung ist. Ist für die Dauer eines Unternehmens kein bestimmter Zeitraum festgelegt, kann für die Errechnung eines Totalgewinns nur darauf abgestellt werden, ob sich nach den Absichten des Steuerpflichtigen in absehbarer Zeit ein Überschuss des Betriebsvermögens ergibt.

In objektiver Hinsicht ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften. Dass der Steuerpflichtige auch subjektiv die Erzielung eines Totalgewinns nicht beabsichtigte, kann aus einer objektiv negativen Gewinnprognose nicht ohne weiteres gefolgert werden. Ein solcher - widerlegbarer - Schluss ist nur dann gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen. Bei anderen Tätigkeiten müssen zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden.

Übt der Steuerpflichtige eine Tätigkeit aus, die nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, können im Falle einer längeren Verlustperiode die Reaktionen des Steuerpflichtigen auf die Verluste die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen. So spricht vor allem das fehlende Bemühen, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen, für sich genommen schon dafür, dass langjährige Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen werden. An die Feststellung persönlicher Gründe und Motive, die den Steuerpflichtigen trotz der Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, sind in einem solchen Fall keine hohen Anforderungen zu stellen. Solange der Anlaufzeitraum noch nicht abgeschlossen ist, kann einer unternehmerischen Tätigkeit allerdings, selbst wenn sie von Beginn an nur Verluste eingebracht hat und nach der Art, wie sie betrieben wird, auch auf Dauer gesehen nicht geeignet ist, Gewinne abzuwerfen, nur in Ausnahmefällen die steuerliche Anerkennung versagt werden.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, dass sie nach der Art des Betriebes im Wesentlichen darauf angewiesen sei, durch Mundpropaganda Kunden zu bekommen, was dafür spricht, ihr eine längere Anlaufphase zuzubilligen. Auf die Anlaufverluste hat die Klägerin in der Weise reagiert, dass sie in den Folgejahren ihre Fortbildungskosten reduziert hatte, was - vom Ausnahmefall 2014 abgesehen - zu positiven Einkünften geführt hat. Ferner hat die Klägerin ab 2011 oder 2012 eine Website in Betrieb genommen, die durchaus professionell wirkt und in Vorträgen auf ihren Betrieb aufmerksam gemacht. Dem entsprechend hat sie auch Werbemaßnahmen ergriffen. Dass die Website inzwischen ein wenig in die Jahre gekommen ist und nicht aktualisiert wurde, hat keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Streitjahre. Es kam auch nicht darauf an, dass die Gewinne bisher so gering sind, dass sie nicht geeignet sind, in nennenswerter Weise zum Lebensunterhalt der Klägerin beizutragen.

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