Zur Ermittlung der Anzahl der Beschäftigten für Zwecke der Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG
FG Münster v. 10.8.2023 - 3 K 2723/21 F
Der Sachverhalt:
Bei der Klägerin handelte es sich um eine GmbH, deren Alleingesellschafter 2017 verstarb. In ihrer Lohnsteueranmeldung für März 2017 erklärte die Klägerin, dass bei ihr elf Arbeitnehmer (einschließlich Aushilfs- und Teilzeitkräften) beschäftigt waren. Zudem hielt die Klägerin 51 % der Anteile an der I-GmbH, die nach einer gesonderten Feststellung des Finanzamtes H-Stadt zwei Personen beschäftigte. Auf Aufforderung der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle des Finanzamtes C-Stadt erließ das beklagte Finanzamt einen zusammengefassten Bescheid, in dem es u.a. die Anzahl der Beschäftigten der Klägerin auf zwölf Personen gesondert feststellte (§ 13a Abs. 4 Satz 1 ErbStG). Hierbei berücksichtigte das Finanzamt neben elf bei der Klägerin selbst beschäftigten Personen entsprechend der Beteiligungshöhe von 51 % einen weiteren Beschäftigten der I-GmbH.
Die Klägerin machte demgegenüber geltend, dass bei ihr nur 3,15 Personen beschäftigt gewesen seien. Denn die Anzahl der Mitarbeiter sei nicht nach Köpfen, sondern nach Arbeitszeitanteilen zu ermitteln. Die angestellten Personen seien bei ihr nicht vollzeitbeschäftigt und (überwiegend) hauptberuflich bei anderen Arbeitgebern angestellt, da sie nur punktuell und stundenweise Personal benötige. Auch seien diejenigen Mitarbeiter, die wie Saisonarbeiter nur bei entsprechend besonderem Bedarf tätig würden, als überwiegend anderweitig tätige Mitarbeiter für erbschaftsteuerliche Zwecke generell nicht zu berücksichtigen. Selbiges gelte für den am Bewertungsstichtag verstorbenen Gesellschaftergeschäftsführer (zugleich Erblasser).
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Anzahl der Beschäftigten auf den Bewertungsstichtag zutreffend auf zwölf und die Ausgangslohnsumme auf rd. 300.000 € festgestellt.
Die Anzahl der Beschäftigten ist anhand der Anzahl der auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten, gezählt nach Köpfen, zu bestimmen. Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 13a Abs. 3 Sätze 7 und 11 f. ErbStG sowie des § 13a Abs. 4 ErbStG, in denen der Terminus "Anzahl der Beschäftigten" ohne jede Differenzierung oder Einschränkung verwendet wird. Auch ergibt sich aus der Gesetzeshistorie, dass dem Gesetzgeber die Problematik, ob Beschäftigte nach Köpfen oder unter bestimmten Umständen lediglich anteilig einzubeziehen sein könnten, bewusst war. Der Gesetzgeber hat nur bei nachgeordneten Personen- bzw. Kapitalgesellschaften eine anteilige Einbeziehung von Beschäftigten angeordnet (§ 13a Abs. 3 Satz 3 Nr. 2, Abs. 3 Sätze 11 bis 13 ErbStG). Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass für andere Sachverhalte grundsätzlich eine Zählung nach Köpfen zu erfolgen hat.
Die so ermittelte Anzahl der Beschäftigten von elf Personen ist auch nicht um den am Bewertungsstichtag verstorbenen Gesellschaftergeschäftsführer zu kürzen. Als Geschäftsführer ist er einzubeziehen, da der Gesetzestext nicht anhand kündigungs- oder sozialversicherungsrechtlicher Kriterien differenziert, sondern in § 13a Abs. 3 Satz 6 ErbStG auf die "auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten" abstellt. Hierzu zählt auch ein Geschäftsführer. Der Einbeziehung steht auch nicht entgegen, dass der bis zu seinem Tod zu den Beschäftigten des Betriebes zählende Erblasser seine Geschäftsführereigenschaft mit dem Eintritt des Todes verloren hat. Denn die Lohnsummenregelung zielt auf den (abstrakten) Erhalt von Arbeitsplätzen im konkreten Betrieb ab. Auch ist der Gesetzgeber einem Formulierungsvorschlag, die den Erblasser oder Schenker als "Arbeitnehmer" ausgenommen hätte, nicht gefolgt.
Eine Reduzierung der Anzahl der Beschäftigten ist auch nicht hinsichtlich der geringfügig Beschäftigten oder solcher Angestellten vorzunehmen, die neben ihrer Beschäftigung bei der Klägerin anderweitig beschäftigt waren. Insbesondere ist die Ausnahmeregelung des § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG ("nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig") nicht so zu verstehen, dass Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte oder Beschäftigte mit einem weiteren Beschäftigungsverhältnis in einem anderen Betrieb bei der Anzahl der Beschäftigten und der Ermittlung der Lohnsumme per se außer Ansatz bleiben sollen. Die Formulierung ist vielmehr so auszulegen, dass sie eine zeitliche Grenze in Bezug auf befristete Arbeitsverträge festlegt. Erfasst sind daher nur Beschäftigte mit einem auf höchstens sechs Monate befristeten Arbeitsvertrag, deren Tätigkeit einen betriebsbedingt regelmäßig wiederkehrenden, erhöhten Arbeitskräftebedarf des Betriebes abdeckt.
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FG Münster NL vom 15.11.2023
Bei der Klägerin handelte es sich um eine GmbH, deren Alleingesellschafter 2017 verstarb. In ihrer Lohnsteueranmeldung für März 2017 erklärte die Klägerin, dass bei ihr elf Arbeitnehmer (einschließlich Aushilfs- und Teilzeitkräften) beschäftigt waren. Zudem hielt die Klägerin 51 % der Anteile an der I-GmbH, die nach einer gesonderten Feststellung des Finanzamtes H-Stadt zwei Personen beschäftigte. Auf Aufforderung der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle des Finanzamtes C-Stadt erließ das beklagte Finanzamt einen zusammengefassten Bescheid, in dem es u.a. die Anzahl der Beschäftigten der Klägerin auf zwölf Personen gesondert feststellte (§ 13a Abs. 4 Satz 1 ErbStG). Hierbei berücksichtigte das Finanzamt neben elf bei der Klägerin selbst beschäftigten Personen entsprechend der Beteiligungshöhe von 51 % einen weiteren Beschäftigten der I-GmbH.
Die Klägerin machte demgegenüber geltend, dass bei ihr nur 3,15 Personen beschäftigt gewesen seien. Denn die Anzahl der Mitarbeiter sei nicht nach Köpfen, sondern nach Arbeitszeitanteilen zu ermitteln. Die angestellten Personen seien bei ihr nicht vollzeitbeschäftigt und (überwiegend) hauptberuflich bei anderen Arbeitgebern angestellt, da sie nur punktuell und stundenweise Personal benötige. Auch seien diejenigen Mitarbeiter, die wie Saisonarbeiter nur bei entsprechend besonderem Bedarf tätig würden, als überwiegend anderweitig tätige Mitarbeiter für erbschaftsteuerliche Zwecke generell nicht zu berücksichtigen. Selbiges gelte für den am Bewertungsstichtag verstorbenen Gesellschaftergeschäftsführer (zugleich Erblasser).
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Anzahl der Beschäftigten auf den Bewertungsstichtag zutreffend auf zwölf und die Ausgangslohnsumme auf rd. 300.000 € festgestellt.
Die Anzahl der Beschäftigten ist anhand der Anzahl der auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten, gezählt nach Köpfen, zu bestimmen. Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 13a Abs. 3 Sätze 7 und 11 f. ErbStG sowie des § 13a Abs. 4 ErbStG, in denen der Terminus "Anzahl der Beschäftigten" ohne jede Differenzierung oder Einschränkung verwendet wird. Auch ergibt sich aus der Gesetzeshistorie, dass dem Gesetzgeber die Problematik, ob Beschäftigte nach Köpfen oder unter bestimmten Umständen lediglich anteilig einzubeziehen sein könnten, bewusst war. Der Gesetzgeber hat nur bei nachgeordneten Personen- bzw. Kapitalgesellschaften eine anteilige Einbeziehung von Beschäftigten angeordnet (§ 13a Abs. 3 Satz 3 Nr. 2, Abs. 3 Sätze 11 bis 13 ErbStG). Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass für andere Sachverhalte grundsätzlich eine Zählung nach Köpfen zu erfolgen hat.
Die so ermittelte Anzahl der Beschäftigten von elf Personen ist auch nicht um den am Bewertungsstichtag verstorbenen Gesellschaftergeschäftsführer zu kürzen. Als Geschäftsführer ist er einzubeziehen, da der Gesetzestext nicht anhand kündigungs- oder sozialversicherungsrechtlicher Kriterien differenziert, sondern in § 13a Abs. 3 Satz 6 ErbStG auf die "auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten" abstellt. Hierzu zählt auch ein Geschäftsführer. Der Einbeziehung steht auch nicht entgegen, dass der bis zu seinem Tod zu den Beschäftigten des Betriebes zählende Erblasser seine Geschäftsführereigenschaft mit dem Eintritt des Todes verloren hat. Denn die Lohnsummenregelung zielt auf den (abstrakten) Erhalt von Arbeitsplätzen im konkreten Betrieb ab. Auch ist der Gesetzgeber einem Formulierungsvorschlag, die den Erblasser oder Schenker als "Arbeitnehmer" ausgenommen hätte, nicht gefolgt.
Eine Reduzierung der Anzahl der Beschäftigten ist auch nicht hinsichtlich der geringfügig Beschäftigten oder solcher Angestellten vorzunehmen, die neben ihrer Beschäftigung bei der Klägerin anderweitig beschäftigt waren. Insbesondere ist die Ausnahmeregelung des § 13a Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG ("nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig") nicht so zu verstehen, dass Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte oder Beschäftigte mit einem weiteren Beschäftigungsverhältnis in einem anderen Betrieb bei der Anzahl der Beschäftigten und der Ermittlung der Lohnsumme per se außer Ansatz bleiben sollen. Die Formulierung ist vielmehr so auszulegen, dass sie eine zeitliche Grenze in Bezug auf befristete Arbeitsverträge festlegt. Erfasst sind daher nur Beschäftigte mit einem auf höchstens sechs Monate befristeten Arbeitsvertrag, deren Tätigkeit einen betriebsbedingt regelmäßig wiederkehrenden, erhöhten Arbeitskräftebedarf des Betriebes abdeckt.
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