08.04.2014

Zur Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten im Besteuerungsverfahren

Ein unmittelbares oder mittelbares Verwertungsverbot folgt nicht aus einem möglichen Verstoß gegen die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Beweismittel, die durch andere, auf rechtswidrige Weise verschaffte Beweismittel mittelbar erlangt wurden, dürfen nur im Fall von qualifizierten grundrechtsrelevanten Verfahrensverstößen oder bei in strafbarer Weise erlangten Erkenntnismitteln nicht verwertet werden.

FG Münster 30.1.2014, 2 K 3074/12 F
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Inhaber des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Er hatte Ende Dezember 1998 den überwiegenden Teil des Forstes (rund 335 ha) einschließlich eines Forst- und eines Jagdhauses verkauft. Der Gesamtkaufpreis wurde mit 4 Mio. DM angegeben. Nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens wegen nicht erklärter Kapitaleinkünfte aus einem Nummernkonto bei einer Schweizer Bank bzw. aus einer Geldanlage bei einer Stiftung ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger neben dem beurkundeten Kaufpreis noch 800.000 DM in bar erhalten hatte. So war in einer Hintergrundinformation der Bank anlässlich der Gründung der Stiftung vermerkt, dass bei Verkauf des Forstgutes 4,8 Mio. DM erlöst worden seien, davon 800.000 DM steuerneutral. Außerdem bestätigte der Käufer gegenüber der Steuerfahndung eine Kaufpreiszahlung i.H.v. 4,8 Mio. DM.

Aufgrund einer entsprechenden Kontrollmitteilung des mit der Aufklärung befassten Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Anfang Dezember 2008 erließ das beklagte Finanzamt einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 173 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid für 1998. Außerdem änderte die Behörde den Grunderwerbssteuerbescheid und erhöhte die dem Käufer gegenüber festgesetzte Grunderwerbsteuer.

Der Kläger machte ein Verwertungsverbot der durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung festgestellten Sachverhalte geltend. Er war der Ansicht, die gewonnenen Erkenntnisse unterlägen einem qualifizierten materiellen Verwertungsverbot, da die Steuerbehörden eine Geheimnishehlerei gem. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG verwirklicht hätten. Das FG wies die Klage jedoch ab.

Die Gründe:
Der Bescheid war dem Grunde und der Höhe nach nicht zu beanstanden, denn es stand zur Überzeugung des Senates fest, dass dem Kläger neben dem beurkundeten Kaufpreis von 4 Mio. DM weitere 800.000 DM zugeflossen waren. Dies ergab sich zum einen aus dem Vermerk der Bank und zum anderen aufgrund der Aussage des Käufers.

Entgegen der Ansicht des Klägers folgte ein unmittelbares oder mittelbares Verwertungsverbot insbesondere nicht aus einem möglichen Verstoß gegen die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Denn nach BFH-Rechtsprechung besteht im Besteuerungsverfahren kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt wurden. Insbesondere führt nicht jeglicher Verstoß gegen Form- und Ordnungsvorschriften zwangsläufig zu einem Verwertungsverbot. Vielmehr ist zwischen einfachen verfahrensrechtlichen Mängeln, die nicht zu einem endgültigen Verwertungsverbot führen, und qualifizierten materiell-rechtlichen Verwertungsverboten zu unterscheiden.

Beweisverwertungsverbote erzeugen grundsätzlich auch keine Fernwirkung. Denn Beweismittel, die durch andere, auf rechtswidrige Weise verschaffte Beweismittel mittelbar erlangt wurden, dürfen ebenfalls nur im Fall von qualifizierten grundrechtsrelevanten Verfahrensverstößen oder bei in strafbarer Weise erlangten Erkenntnismitteln nicht verwertet werden. Qualifizierte grundrechtsrelevante Verstöße liegen aber nur vor bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen vor, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen wurden. Ein absolutes Beweisverwertungsverbot unmittelbar aus den Grundrechten ist nur für solche Fälle anerkannt, in denen der absolute Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist.

Infolgedessen unterlagen weder der Vermerk der Bank noch die Aussage des Käufers einem Verwertungsverbot. Es lagen nämlich keine qualifizierten grundrechtsrelevanten Verfahrensverstöße vor. Unerheblich war, wie die Finanzbehörden ihre Erkenntnisse erlangt hatten. Denn die hier in Betracht kommenden möglichen strafbaren Handlungen im In- und/oder Ausland berührten den Kläger nicht im absoluten Kernbereich seiner privaten Lebensführung. Ein Verwertungsverbot folgte letztlich auch nicht aus einer möglichen behördlichen Straftat. Denn der Ankauf von Daten wäre nicht strafbar.

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