02.07.2012

Zur Festsetzung von Grunderwerbsteuer im Zusammenhang mit der Errichtung einer Stiftung des Privatrechts

Ein Stiftungsgeschäft zur Errichtung einer Stiftung des Privatrechts, in dem der Stifter die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück zusichert, bedarf nicht der notariellen Beurkundung. Die mit der staatlichen Anerkennung einer Stiftung als rechtsfähig entstehende Verpflichtung zur Übereignung eines inländischen Grundstücks gemäß Zusicherung in einem wirksamen Stiftungsgeschäft löst die Grunderwerbsteuer-Pflicht aus, nicht erst die nachfolgende Übertragungserklärung und Auflassung.

Schleswig-Holsteinisches FG 8.3.2012, 3 K 118/11
Der Sachverhalt:
Auf der Grundlage der §§ 80 bis 88 BGB und des Stiftungsgesetzes Schleswig-Holstein errichteten zwei Stifter eine Stiftung des bürgerlichen Rechts. In dem privatschriftlichen Vertrag erklärten die Stifter, dass die Stiftung als Grundstockvermögen u. a. das Eigentum an einem Grundstück von einem der Stifter (A) erhalten solle. In einem späteren notariell beurkundeten "Übertragungsvertrag zur Erfüllung eines Stiftungsgeschäfts" zwischen der inzwischen staatlich anerkannten Stiftung und A erfolgte die Übertragungs- und Auflassungserklärung der Vertragsbeteiligten.

Unter Bezugnahme auf diesen notariellen Übertragungsvertrag unterwarf das Finanzamt die Übertragung des Grundstücks gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der GrESt. Dagegen wandte sich die in Anspruch genommene Stiftung nicht nur mit materiell-rechtlichen Erwägungen, sondern sie hielt vorgreiflich auch die Besteuerung des Übertragungsvertrages für nicht richtig. Ihrer Auffassung nach hätte (allenfalls) aufgrund der Stiftungserrichtungsurkunde in Verbindung mit der landesrechtlichen Anerkennung der Stiftung GrESt festgesetzt werden können.

Das FG gab der Klage statt. Die vom Finanzamt eingelegte Revision wird beim BFH unter dem Az. II R 11/12 geführt.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Unrecht den im notariell beurkundeten Übertragungsvertrag enthaltenen grunderwerbsteuer-rechtlichen Erwerbsvorgang des Grundstücks der Grunderwerbsteuer-Festsetzung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterworfen.

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG werden nicht durch den "Übertragungsvertrag zur Erfüllung eines Stiftungsgeschäfts" erfüllt, da dieser Vertrag weder Kaufvertrag noch sonstiges Rechtsgeschäft ist, das den Anspruch auf Übereignung des streitgegenständlichen Grundstücks begründet. Der notarielle Vertrag fällt auch nicht unter § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG, da die in ihm enthaltene Auflassung nicht isoliert erklärt worden ist. Vielmehr ist das den Anspruch auf Übereignung begründende - wirksame - Stiftungsgeschäft vorangegangen. Denn mit der staatlichen Genehmigung der Stiftung erwirbt diese nach § 82 S. 1 BGB bereits einen Anspruch auf Verschaffung des Grundeigentums.

Dafür ist, entgegen der überwiegenden Auffassung zu § 311b Abs. 1 BGB die einfache Schriftform des Stiftungsgeschäfts gem. § 81 BGB nach stiftungsrechtlicher Auffassung, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, ausreichend. Eine einschränkende, die notarielle Beurkundung bereits des Stiftungsgeschäfts erfordernde Auslegung des § 81 Abs. 1 S. 1 BGB verbietet sich. Dafür sprechen nicht nur der Wortlaut ("schriftliche Form"), sondern auch die Entstehungsgeschichte der Gesetzesnorm, zumal aus der Sicht nicht nur des historischen Gesetzgebers einseitige zur Übertragung von Grundstückseigentum verpflichtende Rechtsgeschäfte - zu denen auch die Stiftungserrichtung gehört - nicht der Beurkundung bedürfen, sondern nur Verträge (§ 313 S. 1 BGB a.F., ebenso § 311b Abs. 1 BGB n.F.).

Schließlich stand das Erfordernis inhaltlicher Bestimmtheit von Steuerbescheiden einem (nachträglichen) Austausch der zu besteuernden Rechtsgeschäfte (Stiftungsgeschäft / Übertragungsvertrag) in dem angegriffenen Grunderwerbsteuer-Bescheid entgegen.

Linkhinweis:

Schleswig-Holsteinisches FG Newsletter vom 29.6.2012
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