03.01.2018

Zur Fortgeltung des ErbStG 2009 für Erbfälle vor dem 30.6.2016

Nach dem 30.6.2016 werden vorherige Erbfälle oder Schenkungen gem. dem ErbStG 2009 besteuert; für diese Erwerbe kommt es weder auf eine isolierende Auslegung der Weitergeltungsanordnung des BVerfG noch auf eine Rückwirkung des ErbStG 2016 an. Erneut dem BVerfG vorgelegt werden kann ein Gesetz nicht schon wegen vom BVerfG nicht ausdrücklich erwähnter Gesichtspunkte, sondern erst nach wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Veränderungen.

FG Hamburg 28.4.2017, 3 K 293/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin erbte von der 2013 verstorbenen Erblasserin ein Mietgrundstück und ein Einfamilienhaus. Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer ursprünglich mit Bescheid vom 28.7.2015 fest, und zwar vorläufig mit Blick auf das Urteil des BVerfG vom 17.12.2014 zur Erbschaftsteuer und der angeordneten Neuregelung (1 BvL 21/12).

Wegen einer Reduzierung der Grundbesitzwerte der Immobilien ergingen Änderungsbescheide zur Erbschaftsteuer, zuletzt am 19.7.2016, d.h. nach Ablauf der Fortgeltungsfrist. Die Klägerin war der Ansicht, dass über den 30.6.2016 hinaus das ErbStG 2009 nicht mehr angewendet werden dürfe, die Fortgeltungsanordnung sei zudem ebenso verfassungswidrig wie die in § 31 BVerfGG ausgesprochene Bindungswirkung der Entscheidung des BVerfG.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen. Hiergegen hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Diese wird beim BFH unter dem Az. II B 108/17 geführt.

Die Gründe:
Für den Erbfall aus 2013 hat das Finanzamt mit dem angefochtenen Erbschaftsteuer-Änderungsbescheid vom 19.7.2016 die Erbschaftsteuer im Rahmen der Weitergeltungsanordnung des ErbStG-Urteils des BVerfG zutreffend niedriger festgesetzt; und zwar gemä. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO in Anpassung an die zwischenzeitlich herabgesetzten Grundbesitzwerte gem. § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG.

Für die Beurteilung ist bei Steuern in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung und der Auffassung im Schrifttum allein auf den Veranlagungszeitraum abzustellen, in dem sich der zu besteuernde Sachverhalt verwirklicht hat. Dies war vorliegend der Eintritt des Erbfalls 2013. Aufgrund der Fortgeltungsanordnung ist das ErbStG 2009 daher unzweifelhaft anwendbar. Die weiteren verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Fortgeltungsanordnung und der Bindungswirkung der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen überzeugen ebenfalls nicht.

Auch eine erneute Vorlage des ErbStG an das BVerfG kommt nicht in Frage. Eine erneute Vorlage und Gesetzeskontrolle kann grundsätzlich nicht mit Vorbringen über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes oder gegen die Richtigkeit der vorangegangenen BVerfG-Entscheidung erreicht werden. Versagt ist nach der Normenkontrolle auch die Geltendmachung von Gesichtspunkten, die vom BVerfG in seiner Entscheidung nicht ausdrücklich erwähnt worden sind. Ausnahmen wären nur denkbar bei nach der Entscheidung eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Veränderungen. Derartig wesentliche Veränderungen sind nicht ersichtlich.

Linkhinweis:

FG Hamburg NL vom 29.12.2017
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