Zur Frage der Berücksichtigung von Barausgleichszahlungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Leistungen
FG Düsseldorf v. 31.1.2019 - 8 K 3114/16 E
Der Sachverhalt:
Der Kläger erzielte in der Vergangenheit u.a. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 hatte er hieraus einen Verlust i.H.v. über 3,4 Mio. DM erklärt. Das Finanzamt ermittelte in der Folgezeit, dass der Kläger im Jahr 2001 an der Terminbörse u.a. im sog. Eröffnungsgeschäft zahlreiche Optionsrechte verkauft hatte. Bei Vertragsschluss hatte er einen sofort fälligen Anspruch auf eine Optionsprämie (Stillhalterprämie) erhalten. Zudem hatte er sich zur Zahlung eines Barausgleichs im Fall der Ausübung der Option durch den Optionskäufer verpflichtet. Zu den Barausgleichszahlungen war es nach Darstellung des Klägers bei den Optionen gekommen, bei denen die Option jederzeit während der Laufzeit ausgeübt werden konnte (amerikanische Version).
Der Kläger hatte vier verschiedene Typen von Optionsrechten verkauft: Kaufoptionen (Calls) auf den "x-Aktenindex", Kaufoptionen (Calls) auf den Börsenkurs einer einzelnen Aktie, Verkaufsoptionen (Puts) auf den "x-Aktenindex" und Verkaufsoptionen (Puts) auf den Börsenkurs einer einzelnen Aktie. Die Beteiligten stritten fortan um die Frage, ob Barausgleichszahlungen bei den Einkünften aus Leistungen als Werbungskosten abzugsfähig sind. Der Kläger hatte verfassungsrechtliche Zweifel an den Regelungen der Mindestbesteuerung und der Beschränkung des Verlustausgleichs bei privaten Veräußerungsgeschäften. Er begehrte, die von ihm im Jahr 2001 geleisteten Barausgleichszahlungen i.H.v. rund 1,6 Mio. DM von seinen bisher berücksichtigten Einkünften aus Leistungen, und zwar aus Stillhaltergeschäften, i.H.v. 1,8 Mio. DM als Werbungskosten abzuziehen.
Das Finanzamt blieb bei seiner Ansicht, dass die Barausgleichszahlungen des Klägers nicht als Werbungskosten abzugsfähig seien. Die Beschränkung des Verlustausgleichs bei privaten Veräußerungsgeschäften sei nach ständiger BFH-Rechtsprechung verfassungsgemäß. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die Barausgleichszahlungen sind nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Vielmehr sind sie nach BFH-Rechtsprechung schon der Einkunftsart des privaten Veräußerungsgeschäfts i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG zuzuordnen.
Nach § 52a Abs. 11 S. 6 EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 v. 14.8.2007 ist § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG a.F. weiterhin auf Termingeschäfte anzuwenden, bei denen der Erwerb des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nach dem 31.12.1998 und vor dem 1.1.2009 erfolgt ist. Das ist vorliegend der Fall, da der Kläger die Optionen innerhalb dieses Zeitraums eingeräumt hat. Nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 S. 1 EStG sind private Veräußerungsgeschäfte Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt. Hierunter, und zwar unter den Begriff des Differenzausgleichs, fällt auch der von dem Stillhalter gezahlte Barausgleich.
Im Ergebnis führt die auch im vorliegenden Fall maßgebliche Differenzierung der Besteuerungstatbestände der Stillhalterprämien und Barausgleichszahlungen nach der Rechtslage vor Einführung der Abgeltungssteuer dazu, dass nach § 23 Abs. 3 S. 8 EStG die Verluste des Klägers aus den privaten Veräußerungsgeschäften nur bis zur Höhe des Gewinns, den er im selben Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt, ausgeglichen werden können. Ein Ausgleich mit anderen positiven Einkünften des Streitjahres, insbesondere mit den positiven Einkünften des Klägers aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG, den vereinnahmten Stillhalterprämien, ist hier nicht möglich.
Die grundsätzliche Beschränkung des Verlustausgleichs des § 23 Abs. 3 S. 8 EStG ist letztlich verfassungsgemäß. Gleiches gilt gerade auch im Hinblick auf die tatbestandlich getrennte Besteuerung der privaten Veräußerungs- und Stillhaltergeschäfte mit der Folge der Verlustausgleichsbeschränkung. Das Abzugsverbot der Barausgleichszahlungen bei den Einkünften aus Leistungen, den vereinnahmten Stillhalterprämien, ist vielmehr die folgerichtige Ausprägung der Systematik des § 22 Nr. 2 und Nr. 3 EStG. Auch sieht der BFH die Fortgeltung der Verlustverrechnungsbeschränkung für Altverluste vor Einführung der Abgeltungssteuer vor dem Hintergrund des weiten Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der gesetzlichen Ausgestaltung des Übergangs von der Besteuerung der Termingeschäfte als private Veräußerungsgeschäfte zur Besteuerung als Kapitaleinkünfte nach der Abgeltungsteuer zu Recht als gerechtfertigt an.
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Der Kläger erzielte in der Vergangenheit u.a. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 hatte er hieraus einen Verlust i.H.v. über 3,4 Mio. DM erklärt. Das Finanzamt ermittelte in der Folgezeit, dass der Kläger im Jahr 2001 an der Terminbörse u.a. im sog. Eröffnungsgeschäft zahlreiche Optionsrechte verkauft hatte. Bei Vertragsschluss hatte er einen sofort fälligen Anspruch auf eine Optionsprämie (Stillhalterprämie) erhalten. Zudem hatte er sich zur Zahlung eines Barausgleichs im Fall der Ausübung der Option durch den Optionskäufer verpflichtet. Zu den Barausgleichszahlungen war es nach Darstellung des Klägers bei den Optionen gekommen, bei denen die Option jederzeit während der Laufzeit ausgeübt werden konnte (amerikanische Version).
Der Kläger hatte vier verschiedene Typen von Optionsrechten verkauft: Kaufoptionen (Calls) auf den "x-Aktenindex", Kaufoptionen (Calls) auf den Börsenkurs einer einzelnen Aktie, Verkaufsoptionen (Puts) auf den "x-Aktenindex" und Verkaufsoptionen (Puts) auf den Börsenkurs einer einzelnen Aktie. Die Beteiligten stritten fortan um die Frage, ob Barausgleichszahlungen bei den Einkünften aus Leistungen als Werbungskosten abzugsfähig sind. Der Kläger hatte verfassungsrechtliche Zweifel an den Regelungen der Mindestbesteuerung und der Beschränkung des Verlustausgleichs bei privaten Veräußerungsgeschäften. Er begehrte, die von ihm im Jahr 2001 geleisteten Barausgleichszahlungen i.H.v. rund 1,6 Mio. DM von seinen bisher berücksichtigten Einkünften aus Leistungen, und zwar aus Stillhaltergeschäften, i.H.v. 1,8 Mio. DM als Werbungskosten abzuziehen.
Das Finanzamt blieb bei seiner Ansicht, dass die Barausgleichszahlungen des Klägers nicht als Werbungskosten abzugsfähig seien. Die Beschränkung des Verlustausgleichs bei privaten Veräußerungsgeschäften sei nach ständiger BFH-Rechtsprechung verfassungsgemäß. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die Barausgleichszahlungen sind nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Vielmehr sind sie nach BFH-Rechtsprechung schon der Einkunftsart des privaten Veräußerungsgeschäfts i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG zuzuordnen.
Nach § 52a Abs. 11 S. 6 EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 v. 14.8.2007 ist § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG a.F. weiterhin auf Termingeschäfte anzuwenden, bei denen der Erwerb des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nach dem 31.12.1998 und vor dem 1.1.2009 erfolgt ist. Das ist vorliegend der Fall, da der Kläger die Optionen innerhalb dieses Zeitraums eingeräumt hat. Nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 S. 1 EStG sind private Veräußerungsgeschäfte Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt. Hierunter, und zwar unter den Begriff des Differenzausgleichs, fällt auch der von dem Stillhalter gezahlte Barausgleich.
Im Ergebnis führt die auch im vorliegenden Fall maßgebliche Differenzierung der Besteuerungstatbestände der Stillhalterprämien und Barausgleichszahlungen nach der Rechtslage vor Einführung der Abgeltungssteuer dazu, dass nach § 23 Abs. 3 S. 8 EStG die Verluste des Klägers aus den privaten Veräußerungsgeschäften nur bis zur Höhe des Gewinns, den er im selben Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt, ausgeglichen werden können. Ein Ausgleich mit anderen positiven Einkünften des Streitjahres, insbesondere mit den positiven Einkünften des Klägers aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG, den vereinnahmten Stillhalterprämien, ist hier nicht möglich.
Die grundsätzliche Beschränkung des Verlustausgleichs des § 23 Abs. 3 S. 8 EStG ist letztlich verfassungsgemäß. Gleiches gilt gerade auch im Hinblick auf die tatbestandlich getrennte Besteuerung der privaten Veräußerungs- und Stillhaltergeschäfte mit der Folge der Verlustausgleichsbeschränkung. Das Abzugsverbot der Barausgleichszahlungen bei den Einkünften aus Leistungen, den vereinnahmten Stillhalterprämien, ist vielmehr die folgerichtige Ausprägung der Systematik des § 22 Nr. 2 und Nr. 3 EStG. Auch sieht der BFH die Fortgeltung der Verlustverrechnungsbeschränkung für Altverluste vor Einführung der Abgeltungssteuer vor dem Hintergrund des weiten Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der gesetzlichen Ausgestaltung des Übergangs von der Besteuerung der Termingeschäfte als private Veräußerungsgeschäfte zur Besteuerung als Kapitaleinkünfte nach der Abgeltungsteuer zu Recht als gerechtfertigt an.
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