22.01.2016

Zur Frage der Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheides bei Nutzung eines Fremdkontos

Die Nutzung von Fremdkonten benachteiligt grundsätzlich die Gläubiger des Anfechtungsschuldners. Denn die jeweiligen Kontoguthaben gehören zum Vermögen des Kontoinhabers und auf das Vermögen Dritter können die Gläubiger des Vollstreckungsschuldners mit ihren gegen diesen gerichteten Vollstreckungstiteln nicht zugreifen.

FG Düsseldorf 18.11.2015, 10 K 3270/13 AO
Der Sachverhalt:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheides. Der Vater des Klägers schuldet dem Finanzamt fällige Einkommen- und Umsatzsteuern einschließlich Nebenleistungen von insgesamt mehr als 30.000 €.

Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Steuerschuldner blieben erfolglos. Im Rahmen einer Liquiditätsprüfung zur Ermittlung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Steuerschuldners stellte das Finanzamt fest, dass der Vater des Klägers kein eigenes Girokonto unterhielt und auf dem Girokonto des Klägers Nr. 1 bei der A-Bank im Prüfungsjahr rd. 6.700 € als Entgelt für vom Vater als Subunternehmer im Auftrag eines Dritten ausgeführte Kurierfahrten gutgeschrieben worden waren. Dem Vater des Klägers waren Kontoverfügungen mittels überlassener EC-Karte und Bekanntgabe des PIN-Codes möglich. Der Kläger selbst hat über den Überweisungsbetrag wie auch über das Girokonto nicht verfügt. Er ist Inhaber eines weiteren Girokontos mit der Nr. 2 bei der A-Bank, das er für sich nutzt.

Das Finanzamt erließ einen Duldungsbescheid, mit dem die Kontoüberlassung, die zu Gutschriften über 6.700 € geführt hatte, gem. § 4 AnfG angefochten, der Kläger zum Wertersatz verpflichtet und zur Zahlung aufgefordert wurde. Der Kläger behauptet, er habe von den Bewegungen auf dem Girokonto Nr. 1 keine Kenntnis gehabt. Er habe mit seinem Vater keine Vereinbarungen zu Lasten des Beklagten oder sonstiger Dritter getroffen und zu keinem Zeitpunkt über irgendeine Zahlung auf dem Konto eine Verfügung getroffen. Er habe das Konto eröffnet, um seinem Vater die Möglichkeit der bargeldlosen Zahlung des Vereinsbeitrags zu ermöglichen. Er sei von seinem Vater über auf dem Konto eingehende Zahlungen nicht informiert worden.

Die Gründe:
Die Voraussetzung für eine Anfechtung nach § 4 AnfG liegen nicht vor.

Das Finanzamt ist anfechtungsberechtigter Gläubiger i.S.d. § 2 AnfG. Die gegenüber dem Vater des Klägers festgesetzten Steuerschulden sind fällig und vollstreckbar. Die Vollstreckung in das Vermögen des Vaters ist erfolglos geblieben. Das AnfG gilt gem. § 1 AnfG für alle Rechthandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen. Die Nutzung von Fremdkonten benachteiligt grundsätzlich die Gläubiger (hier: das Finanzamt) des Anfechtungsschuldners (hier: der Vater). Denn die jeweiligen Kontoguthaben gehören zum Vermögen des Kontoinhabers (hier: der Kläger) und auf das Vermögen Dritter können die Gläubiger des Vollstreckungsschuldners mit ihren gegen diesen gerichteten Vollstreckungstiteln nicht zugreifen.

Neben den allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen der §§ 1, 2 AnfG müssen auch die besonderen Voraussetzungen des § 4 AnfG vorliegen. § 4 AnfG verlangt eine unentgeltliche Leistung des Schuldners (Vater). Eine unentgeltliche Leistung setzt voraus, dass es auf Seiten des Schuldners zu einer Vermögensminderung und auf Seiten des Anfechtungsgegners (Kläger) zu einer entsprechenden Vermögensmehrung gekommen ist. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Rechtshandlungen des Anfechtungsschuldners vorliegen, trägt der Anfechtende. Auf etwaige Beweiserleichterungen kann sich das Finanzamt nicht berufen. Insbesondere führt der Umstand, dass die zur Erfüllung der Darlegungslast benötigten Kenntnisse und Unterlagen letztlich in der Sphäre des Anfechtungsgegners liegen, nicht zu einer Beweislastumkehr.

Vorliegend ist nichts dafür ersichtlich, dass der Vater des Klägers zu den Zeitpunkten, als er Einzahlungen auf das Konto des Sohnes veranlasste, den Willen hatte, dem Kläger hierdurch Vermögenswerte dauerhaft zuzuwenden. Vielmehr ist es nach dem Vortrag des Beklagten so, dass der Vater das ihm zur Verfügung gestellte Konto wie ein eigenes genutzt hat (Überlassung von EC-Karte und PIN). Damit hatte der Vater - zumindest im Innenverhältnis - die alleinige Verfügungsgewalt über die für ihn eingezahlten Gelder. Er konnte das ihm zur Verfügung gestellte Konto wie ein eigens Konto nutzen. Demnach war der Kläger zur Herausgabe der eingegangenen Gelder an seinen Vater verpflichtet. Die vorliegenden Kontoauszüge bestätigen die Verfügungen. Der Kläger hat aus dem Konto nichts erlangt.

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