11.03.2021

Zur Frage der Umsatzsteuerpflicht bei Tätigkeiten einer gemeinnützigen GmbH zugunsten ihrer Mitglieder

Tätigkeiten einer gemeinnützigen GmbH zugunsten ihrer Mitglieder sind unter bestimmten Voraussetzungen nicht umsatzsteuerpflichtig.

Kurzbesprechung
BFH v. 23.09.2020 - XI R 35/18

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 29, § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 4
EGRL 112/2006 Art 132 Abs 1 Buchst f, 112/2006 Art. 132 Abs. 1 Buchst. l


Im Urteilsfall gründeten eine Kirche und ein kirchennaher Verein (einer anderen Kirche) eine gemeinnützige GmbH (die Steuerpflichtige), die mit journalistischen Mitteln den Verkündigungsauftrag erfüllen sollte. Sie belieferte wie eine Nachrichtenagentur ca. 15 Tageszeitungen als Kunden mit Meldungen, die christliche Wertvorstellungen und ethische Positionen verbreiten sollten, gegen eine geringe "Schutzgebühr". Der verbleibende Finanzbedarf wurde durch Zuwendungen der kirchlichen Gesellschafter gedeckt.

Die Steuerpflichtige ging davon aus, dass sie keine Leistungen an ihre Gesellschafter erbringe und die Verlustübernahme durch ihre Gesellschafter auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhe. Das FA und nachfolgend auch das FG vertraten dagegen die Auffassung, dass die Steuerpflichtige an ihre Gesellschafter umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen in Form der "Medienarbeit" erbracht habe, für die sie die Zuwendungen der Gesellschafter als Entgelt erhalte. Im Revisionsverfahren wandte die Steuerpflichtige erstmals ein, dass ihre Leistungen jedenfalls nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei sein müssten.

Der BFH hob im revisionsverfahren die Vorentscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück. Er wies darauf hin, dass das Unionsrecht insoweit zwei mögliche Steuerbefreiungen enthalte, die in den Streitjahren (2011 bis 2013) beide nicht in nationales Recht umgesetzt waren:
 
  • es könne sich um steuerfreie Leistungen eines Personenzusammenschlusses an seine gemeinnützigen Mitglieder gegen Erstattung der genauen Kosten
  • oder um steuerfreie Leistungen einer Einrichtung ohne Gewinnstreben an ihre Mitglieder zu religiösen Zwecken gegen einen satzungsgemäß festgelegten Beitrag handeln.


Davon unabhängig muss das FG aber auch prüfen, ob die Steuerpflichtige tatsächlich der Umsatzsteuer unterliegende Leistungen an ihre Gesellschafter erbracht hat. Der BFH entschied, dass die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Gesellschafter durch eine gGmbH keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit ist, wenn die Tätigkeit der GmbH einer bestimmten Personengruppe (hier: allen christlichen Kirchen) zugutekommt und sich der Vorteil für den einzelnen Gesellschafter nur mittelbar aus diesen allgemeinen Vorteilen für alle Kirchen ableitet.

Beraterhinweis: Die Urteilsgrundsätze könnten positive Auswirkungen für andere Personenzusammenschlüsse haben, die derartige "Leistungen" an ihre Mitglieder erbringen. Gemeinsame Einrichtungen, die politische, gewerkschaftliche, religiöse, patriotische, weltanschauliche, philanthropische oder staatsbürgerliche Ziele verfolgen, könnten ebenfalls profitieren.

Verlag Dr. Otto Schmidt
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