Zur Gemeinnützigkeit eines im Verfassungsschutzbericht ausdrücklich erwähnten Vereins
KurzbesprechungGG Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und 2
AO § 51 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 und Abs. 2
FGO § 118 Abs. 2, § 155
ZPO § 292
BVerfSchG § 4
Der BFH hat entschieden, dass bei ausdrücklicher Erwähnung eines Vereins in einem Verfassungsschutzbericht widerlegbar davon auszugehen ist, dass dieser extremistische Bestrebungen fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt (§ 51 Abs. 3 Satz 2 AO). Dies setzt voraus, dass die betreffende Körperschaft (im Streitfall: ein islamischer Verein) im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes für den zu beurteilenden Veranlagungszeitraum ausdrücklich als extremistisch eingestuft wird.
Diese Vermutung ist erst dann widerlegt, wenn der volle Beweis des Gegenteils erbracht wird. Dagegen ist eine Erschütterung nicht ausreichend. Die dafür erforderliche Würdigung obliegt in erster Linie dem FG als Tatsacheninstanz.
Im Streitfall hatte das FG sich mit allen Einwendungen des Vereins sorgfältig auseinandergesetzt und diese zutreffend für nicht durchgreifend erachtet. Das FG kam zu dem Schluss, der Verein habe nicht entkräften können, dass z.B. Äußerungen seiner Prediger und Imame (Todesstrafe wegen Abkehr vom Islam und bei Ehebruch, körperliche Misshandlung Minderjähriger zur Durchsetzung der Gebetspflicht etc.) ein extremistisches, grundgesetzfeindliches Gedankengut offenbart hätten.
Der BFH entschied darüber hinaus, dass die Leistungen des Vereins für das Gemeinwohl (vor allem die Integration von Zuwanderern) nicht im Wege einer "Gesamtschau" gegen Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche tatsächliche Geschäftsführung abzuwägen sind.
BFH, Urteil vom 14.3.2018, V R 36/16, veröffentlicht am 2.5.2018