01.10.2014

Zur Geschäftsführerhaftung bei Globalzession und überraschender Kündigung des Kontokorrent

Allein in der Vereinbarung einer Globalzession zwischen der Gesellschaft und einem Kreditinstitut außerhalb einer Krise liegt kein schuldhaftes Verhalten, das zu einer Haftung des Geschäftsführers für Umsatzsteuerschulden der Gesellschaft führt. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Aspektes, dass die Abtretung der zukünftigen Ansprüche gerade zur Absicherung des Gläubigers in einer etwaigen späteren Krise erfolgt.

FG Saarbrücken 21.5.2014, 2 V 1032/14
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin war von Januar 2000 bis Juni 2008 Gesellschafterin und alleinige Geschäftsführerin der GmbH. Die Umsatzsteuervoranmeldungen für März und April 2008 wurden von der GmbH fristgerecht eingereicht. Wegen Dauerfristverlängerung gem. § 18 Abs. 6 UStG i.V.m. § 46 UStDV war die Umsatzsteuer für März i.H.v. rd. 11.000 € zum 13.5.2008, die für April i.H.v. rd. 24.000 € am 10.6.2008 anzumelden und zu entrichten. Die GmbH hatte dem Finanzamt eine Einzugsermächtigung für ein Konto der GmbH bei der Sparkasse erteilt. Mit der Sparkasse hatte die GmbH am 18.8.2003 eine Globalzession vereinbart.

Mit Schreiben vom 15.4.2008 teilte die Sparkasse der GmbH mit, dass ein Sicherungsgeber die Besicherung des Kontokorrentkredits gekündigt habe. In der Folge reduzierte die Sparkasse am 29.4.2008 das Kontokorrent auf ihre Restforderung und kündigte an, alle eingehenden Beträge mit ihrer Restforderung zu verrechnen, die bis zum Ende des Folgemonats auszugleichen sei. Die Einziehungsermächtigung des Finanzamts ging daher ins Leere.

Die GmbH stellte am 12.6.2008 einen Insolvenzantrag, woraufhin das Insolvenzgericht am selben Tag nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 22 InsO einen vorläufigen starken Insolvenzverwalter bestellte und am 1.8.2008 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnete. Zu diesem Zeitpunkt standen der GmbH nur in geringem Umfang Barmittel und Guthaben bei anderen Kreditinstituten zur Verfügung. Das Finanzamt nahm die Antragstellerin mit Haftungsbescheid vom 7.11.2008 für Umsatzsteuer März und April 2008 und Säumniszuschläge der GmbH in Anspruch. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Klage und dem vorliegenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.

Das FG gab dem Antrag statt und setzte die Vollziehung des Haftungsbescheids aus. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Die Gründe:
Nach § 191 Abs. 1 AO kann derjenige, der Kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Dafür müssen jedoch die Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme nach §§ 69 i.V.m. 34 AO gegeben sein. An deren Vorliegen bestehen ernstliche Zweifel.

Eine Haftung kommt nach § 69 AO nur in Betracht, wenn die Umsatzsteuer auf Grund vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung nicht entrichtet worden ist. Die Inanspruchnahme der Antragstellerin als Organ der GmbH i.S.v. § 34 AO ist nicht dadurch zu begründen, dass die GmbH noch vor Inkrafttreten des § 13c UStG mit der GmbH eine Globalzession vereinbart hat.

Die Globalzession vom 18.8.2003 war zwar letztlich kausal für die Nichtentrichtung der Umsatzsteuer. Im Abschluss dieser Vereinbarung liegt aber kein schuldhaftes Verhalten der Antragstellerin. Der Abschluss einer solchen Vereinbarung zu einer Zeit, zu der die Gesellschaft nicht in einer Krise war, stellt keine Pflichtverletzung dar. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Aspektes, dass die Abtretung der zukünftigen Ansprüche gerade zur Absicherung des Gläubigers in einer etwaigen späteren Krise erfolgt.

Der BFH hat zwar in seiner Entscheidung vom 14.7.1987 (VII R 188/82) konstatiert, ein Geschäftsführer könne sich durch eine Globalzession an ein Kreditinstitut nicht mit schuld- und damit haftungsausschließender Wirkung der zur Befriedigung des Finanzamts benötigten Mittel begeben. In diesem und anderen vom BFH entschiedenen Fällen hatten die Geschäftsführer die Zession aber erst in der Krise vereinbart bzw. bereits dadurch ihre Pflichten schuldhaft verletzt, dass die Erklärungen unzutreffend oder verspätet abgegeben worden und die Kredite noch nicht gekündigt waren.

Die Antragstellerin hat hingegen die Umsatzsteuererklärungen für März und April 2008 fristgerecht eingereicht. Eine Pflichtwidrigkeit auf Seiten des Geschäftsführers ist zu verneinen, wenn dieser die Einzugsermächtigung rechtzeitig erteilt hat und zum Fälligkeitszeitpunkt eine ausreichende Deckung auf dem Konto vorhanden war, so dass mit einer Tilgung der Steuerschuld zu rechnen war. Die Antragstellerin durfte bis zur Kündigung des Kontokorrents durch die Sparkasse davon ausgehen, dass die Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Fälligkeit entrichtet würde, da der Kontokorrentrahmen nicht ausgeschöpft war.

Linkhinweis:

Für den in der Saarländischen Rechtsprechungsdatenbank veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

Saarländische Rechtsprechungsdatenbank
Zurück