Zur Herausgabe gezogener Nutzungen nach wirksam angefochtenen Steuerzahlungen
BGH 24.5.2012, IX ZR 125/11Der Kläger ist Insolvenzverwalter in einem 2006 eröffneten Verfahren. Er hatte Steuerzahlungen des Schuldners an das beklagte Land i.H.v. rund 103.120 € angefochten und verlangte Rückgewähr dieses Betrages nebst Zinsen. Der Beklagte hat die Hauptforderung nebst Zinsen ab Insolvenzeröffnung beglichen. Infolgedessen befanden sich noch Zinsen auf die Hauptforderung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Streit, die der Kläger in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von der jeweiligen Zahlung des Insolvenzschuldners an mit einem ursprünglichen Gesamtbetrag von 14.435 € beanspruchte.
Der Kläger berief sich darauf, ohne die angefochtenen Steuerzahlungen habe der Beklagte wenigstens Mittel auf dem Finanzmarkt in entsprechender Höhe aufnehmen müssen und damit Schuldzinsen erspart. Das LG gab der Klage i.H.v. 7.707 € statt; das OLG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Zu Unrecht hatte das Berufungsgericht den Hilfsanspruch der Klage unter dem Gesichtspunkt der Herausgabe gezogener Nutzungen nach § 143 Abs. 1 S. 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, §§ 292, 987 Abs. 1 BGB nicht anerkannt.
Der Fiskus ist von der Rechtshandlung an dem Insolvenzverwalter zur Herausgabe gezogener Nutzungen aus wirksam angefochtenen Steuerzahlungen verpflichtet, wobei es auf die steuerliche Ertragshoheit nicht ankommt. Als gezogene Nutzungen herauszugeben sind Zinserträge von Einnahmeüberschüssen, die im Haushaltsvollzug ausnahmsweise zeitweilig nicht benötigt werden, und ersparte Zinsen für Kassenverstärkungskredite oder andere staatliche Refinanzierungsinstrumente, die infolge des Eingangs wirksam angefochtener Steuerzahlungen zurückgeführt oder vermieden wurden.
Der Kläger hat auch seiner Darlegungslast für den geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsherausgabe genügt, indem er zumindest hilfsweise Zinsersparnisse des Beklagten beim Haushaltsvollzug infolge der angefochtenen Steuerzahlungen behauptet hatte. Hierbei war allein auf den Beklagten und nicht auch auf die im Innenverhältnis an dem Steueraufkommen beteiligten Körperschaften abzustellen. Die näheren haushaltswirtschaftlichen Daten bei dem Beklagten kann der Kläger nicht vortragen.
Der Haushaltsvollzug auch in seiner zeitlichen Entwicklung während der fraglichen Etatjahre war dagegen dem Beklagten in allen Einzelheiten bekannt und belegbar. Ihn trifft daher - entgegen dem Rechtsstandpunkt des Beklagten - die sekundäre Darlegungslast, hierzu in der gebotenen Klarheit vorzutragen. Dazu bestand nach den Rechtsauffassungen beider Tatrichter bisher keine zwingende Veranlassung. Die ausgesprochene Zurückverweisung gibt dem Beklagten Gelegenheit, die zur Spruchreife des Streitgegenstandes fehlenden Tatsachen seines Verwaltungsbereichs in den Rechtsstreit einzuführen.
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