01.08.2011

Zur nach § 10d Abs. 4 S. 6 EStG einschränkenden Anwendung des § 181 Abs. 5 AO

Geht der Finanzbehörde eine Feststellungserklärung erst einen Tag vor Eintritt der Feststellungsverjährung zu, kann nicht erwartet werden, dass der Feststellungsbescheid noch - wie dies das Gesetz in § 169 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 181 Abs. 5 S. 3 AO ausdrücklich verlangt - innerhalb der Frist den Bereich der für die Feststellung zuständigen Finanzbehörde verlässt. Wer bis zum Ablauf der Feststellungsfrist wartet, muss den Nachteil davon tragen, wenn der Bescheid nicht mehr in der notwendigen Weise erlassen wird.

BFH 25.5.2011, IX R 36/10
Der Sachverhalt:
Dem Kläger waren im Streitjahr 2001 Aufwendungen für sein Medizinstudium entstanden. Diese machte er allerdings erst im Jahr 2008 im Rahmen einer Einkommensteuererklärung sowie einer Erklärung zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges für das Streitjahr als entstandene Werbungskosten geltend. Die Unterlagen gingen am 30.12.2008 beim zuständigen Finanzamt ein. Die Behörde lehnte die Verlustfeststellung ab, da die Feststellungsfrist abgelaufen sei.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Da der Kläger zunächst keine Steuererklärung abgegeben habe, ende die reguläre Feststellungsfrist nach § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO am 31.12.2008. Der Kläger war wiederum der Ansicht, das Finanzamt habe pflichtwidrig gehandelt, als es die Verlustfeststellung auf den 31.12.2001 unterließ. § 181 Abs. 5 AO sei vielmehr nach § 10d Abs. 4 S. 6 EStG anwendbar.

Die Revision vor dem BFH blieb ohne Erfolg.

Die Gründe:
Die Ablehnung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.2001 war rechtmäßig, da die Feststellungsfrist nach § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 181 Abs. 1 AO am 31.12.2008 endete.

Entgegen der Ansicht des Klägers war keine Ablaufhemmung eingetreten. Dies galt für die Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 3a AO, da die Voraussetzungen des § 171 Abs. 3, § 181 Abs. 1 AO nicht vorlagen sowie für die Ablaufhemmung nach § 181 Abs. 5 AO, die im Streitfall nicht anwendbar war. Hierzu bezweckt § 10d Abs. 4 S. 6 EStG eine zeitnahe Entscheidung über die Höhe des verbleibenden Verlustabzugs. Insofern bleibt § 181 Abs. 5 AO anwendbar, wenn das Finanzamt keinen Verlustfeststellungsbescheid erlassen hat, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre, weil ihm die Verluste aus einer Steuererklärung bekannt waren, es also die Feststellung des Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen hat.

Im vorliegenden Fall hatte das Finanzamt zwar die Feststellung des Verlustvortrags auf den 31.12.2001 unterlassen, dies war allerdings nicht pflichtwidrig. Denn geht der Finanzbehörde eine Feststellungserklärung erst einen Tag vor Eintritt der Feststellungsverjährung zu, kann nicht erwartet werden, dass der Feststellungsbescheid noch - wie dies das Gesetz in § 169 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 181 Abs. 5 S. 3 AO ausdrücklich verlangt - innerhalb der Frist den Bereich der für die Feststellung zuständigen Finanzbehörde verlässt. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich hier nicht um eine Frist, innerhalb derer der Steuerpflichtige handeln muss und die er gegebenenfalls bis zum Ende ausschöpfen kann. Wer bis zum Ablauf der Feststellungsfrist wartet, muss den Nachteil davon tragen, wenn ein Feststellungsbescheid nicht mehr in der gemäß § 169 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AO notwendigen Weise erlassen wird.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH online
Zurück