12.04.2022

Zur Qualifikation von Veräußerungsgewinnen

Der Freibetrag und der ermäßigte Steuersatz nach §§ 16, 34 EStG gelten nicht für einen Veräußerungsgewinn aus einer im Privatvermögen gehaltenen 100-prozentigen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft.

FG Düsseldorf v. 26.1.2022 - 2 K 2668/19 E
Der Sachverhalt:
Der 1949 geborene Kläger veräußerte im Jahr 2017 seinen 100%-Anteil an einer GmbH und erklärte den Gewinn als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 16 EStG. Das Finanzamt qualifizierte die Einkünfte dagegen als solche aus § 17 EStG. Als Begründung führte es an, dass die Veräußerung einer Beteiligung nur dann nach § 16 EStG zu versteuern sei, wenn die gesamte Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehöre. Der Kläger habe die Anteile aber unstreitig im Privatvermögen gehalten.

Die zusammen veranlagten Kläger argumentierten dagegen, dass der Wortlaut der §§ 16 und 17 EStG nicht zwischen Betriebs- und Privatvermögen differenziere. Auch die von § 16 EStG erfassten Mitunternehmeranteile würden regelmäßig im Privatvermögen gehalten. § 17 EStG regele außerdem nur die Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung und nicht die einer vollunternehmerischen Beteiligung. Die Anwendung des § 17 EStG führe letztlich zu einer verfassungswidrigen Benachteiligung der Kläger gegenüber Veräußerern von Kommanditanteilen, die weitgehende Freistellungen und Tarifermäßigungen erhielten.

Das FG wies die Klage ab. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen. Die beim BFH anhängige Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird dort unter dem Az. IX B 18/22 geführt.

Die Gründe:
Die Übertragung von im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Anteilen beurteilt sich nach § 17 EStG und nicht nach §§ 16, 34 EStG. Soweit § 16 EStG eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als "Teilbetrieb" erfasst, setzt dies allein schon begrifflich einen darüberhinausgehenden weiteren (Teil)Betrieb voraus.

Auch mit Blick auf den in § 16 EStG normierten höheren Freibetrag ist kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot zu erkennen. Die frühere Gleichbehandlung von Veräußerungsgewinnen nach § 16 EStG und solchen gem. § 17 EStG wurde schon durch Absenkung der Beteiligungsgrenze in § 17 EStG auf 1 % des Nennkapitals und dem Systemwechsel zum Teileinkünfteverfahren aufgehoben. Die Besteuerungssysteme von (Mit)Unternehmern einerseits und Kapitalgesellschaften und deren Anteilseignern andererseits sind wesensverschiedene Sachverhalte, die einer sachgerechten Differenzierung zugänglich sind.

Mehr zum Thema:
  • Aufsatz: Brinkmeier - Aktuelle FG-Rechtsprechung rund um die GmbH (GmbHStB 2022, 115)
  • Aufsatz: Möhlenbrock, Haubner - Die Zukunft der Besteuerung der Personengesellschaften: MoPeG, KöMoG und DAOs (FR 2022, 53)
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FG Düsseldorf NL vom 12.4.2022
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