27.04.2012

Zur Regelmäßige Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätten

Der Betriebssitz des Arbeitgebers, den der Arbeitnehmer lediglich regelmäßig nur zu Kontrollzwecken aufsucht, ist nicht die regelmäßige Arbeitsstätte. Nach neuer BFH-Rechtsprechung (Urt. v. 9.6.2011, Az.: VI R 36/10) kann der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers nur an einem Ort liegen.

BFH 19.1.2012, VI R 32/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Streitjahr 2007 Bezirksleiter bei einer GmbH & Co. KG. Er war in dieser Eigenschaft laut Arbeitsvertrag zuständig für rund zehn Verkaufsstellen in Deutschland. Er suchte die Verkaufsstellen mit einem vom Arbeitgeber überlassenen Dienstwagen mehrfach im Jahr, allerdings unterschiedlich häufig, auf.

Der Kläger begehrte im Rahmen der Steuererklärung für das Streitjahr u.a. den Abzug von Mehraufwendungen für die Verpflegung i.H.v. 2.028 €. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Verkaufsstellen regelmäßige Arbeitsstätten darstellten und somit eine Einsatzwechseltätigkeit nicht angenommen werden könne.

Das FG gab der Klage zu einem geringen Teil statt. Danach seien die Verkaufsstellen grundsätzlich als regelmäßige Arbeitsstätten i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG zu bewerten. Lediglich die Filialen, die der Kläger nur jeweils vereinzelt im Streitjahr aufgesucht habe, seien keine regelmäßigen Arbeitsstätten. Von einer für das Merkmal der regelmäßigen Arbeitsstätte maßgeblichen hinreichend zentralen Bedeutung könne erst bei mehr als zehn Besuchen im Kalenderjahr ausgegangen werden.

Auf die Revisionen beider Parteien hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG war zu Unrecht von mehreren Tätigkeitsmittelpunkten ausgegangen. Seine Auffassung, dass der Kläger über mehrere regelmäßige Arbeitsstätten verfügte, entsprach nicht der neuen BFH-Rechtsprechung.

Regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG ist (nur) der (ortsgebundene) Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht. Erforderlich ist jedoch, dass der Arbeitnehmer dort seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit nachgeht. Der Betriebssitz des Arbeitgebers, den der Arbeitnehmer lediglich regelmäßig nur zu Kontrollzwecken aufsucht, ist nicht die regelmäßige Arbeitsstätte.

Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen konnte ein Arbeitnehmer nach früherer BFH-Rechtsprechung auch mehrere regelmäßige Arbeitsstätten nebeneinander innehaben. Diese Rechtsprechung hat der Senat jedoch zwischenzeitlich aufgegeben (Urt. v. 9.6.2011, Az.: VI R 36/10). Denn der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers kann nur an einem Ort liegen. Ist der Arbeitnehmer in mehreren betrieblichen Einrichtungen tätig, sind deshalb die Umstände des Einzelfalles zu würdigen und der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit zu bestimmen. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer eine Tätigkeitsstätte im zeitlichen Abstand immer wieder aufsucht, reicht für die Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte jedenfalls dann nicht aus, wenn der Steuerpflichtige - wie hier -fortdauernd und immer wieder verschiedene Betriebsstätten seines Arbeitgebers aufsucht.

Im weiteren Verfahren muss das FG feststellen, ob der Kläger unter Beachtung der o.g. Grundsätze im Streitjahr überhaupt eine regelmäßige Arbeitsstätte innehatte oder ob er nicht insgesamt eine Auswärtstätigkeit ausgeübt hat. Ist das nicht der Fall, wird zu entscheiden sein, in welcher Tätigkeitsstätte der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit des Klägers lag und welche damit als regelmäßige Arbeitsstätte galt. Dazu muss festgestellt werden, ob und welcher betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers der Kläger zugeordnet war, welche Tätigkeit er an den verschiedenen Arbeitsstätten im Einzelnen wahrnahm oder wahrzunehmen hatte und welches Gewicht dieser Tätigkeit jeweils zukam.

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