Zur Rückwirkung und zu den Voraussetzungen einer berichtigenden Rechnung
BFH v. 22.1.2020 - XI R 10/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war im Streitjahr 2007 Organträgerin einer GmbH. Diese ließ als Generalunternehmerin einer GmbH & Co. KG einen Bioenergiepark errichten. Dabei war sie berechtigt, Subunternehmer einzuschalten. Die GmbH beauftragte die A, zu einem Pauschalfestpreis zuzüglich Umsatzsteuer Leistungen zur starkstromtechnischen Erschließung des Parks zu erbringen.
Die A entrichtete die Umsatzsteuer an das zuständige Finanzamt. Die Klägerin machte im Jahr 2007 jenen Betrag als Vorsteuer geltend. Auch die B entrichtete Umsatzsteuer an das zuständige Finanzamt; die Klägerin machte den Betrag als Vorsteuer geltend. Die Umsatzsteuererklärung der Klägerin für das Streitjahr datiert vom 9.3.2009. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich bei den Leistungen von A und B um Bauleistungen handele, auf die § 13b Abs. 2 UStG anzuwenden sei, so dass der Klägerin ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Subunternehmer der GmbH nicht zustehe.
Am 7.11.2012 erteilte die A der GmbH eine Gutschrift zur Rechnung vom 29.10.2007 und berechnete ihr am gleichen Tag einen Betrag ohne Umsatzsteuer unter Hinweis auf § 13b UStG. Die B berichtigte die Rechnungen ebenfalls und rechnete am 31.10.2012 jeweils mit Hinweis auf § 13b UStG einen Betrag ohne Umsatzsteuer. Außerdem verpflichtete sie sich, der GmbH die vom Finanzamt zurückzuzahlende Umsatzsteuer zu erstatten. Auf dieser Grundlage erhielt die Klägerin die in den ursprünglichen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer der Subunternehmer der GmbH zurück.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 26.3.2013 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Umsatzsteuer fest. Mit Bescheid vom 31.1.2014 hob es den Vorbehalt auf. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Dem Abzugsbegehren der Klägerin stehen die berichtigenden Rechnungen der B vom 31.10.2012 und der A vom 7.11.2012 entgegen.
Die Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung beim Vorsteuerabzug gilt unabhängig davon, ob die Berichtigung zum Vorteil oder zum Nachteil des Leistungsempfängers wirkt. Auch der Stornierung einer Rechnung nebst Neuausstellung einer sie ersetzenden Rechnung kann eine solche Rückwirkung zukommen. Den streitfallbezogenen klägerischen Bedenken gegen eine unionsrechtskonforme Ausdeutung der Rechnungsberichtigungsregelungen ist nicht zu folgen.
Die richtlinienkonforme Auslegung kommt nur in Betracht, wenn es im konkreten Fall verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gibt Lässt der Gesetzestext mehrere Auslegungen zu, so ist der Auslegung der Vorzug zu geben, nach der die Norm nicht als unionsrechtswidrig einzustufen ist. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall sind die Rechnungen der B vom 31.10.2012 und der A vom 07.11.2012, die allesamt keine Umsatzsteuer ausweisen, als berichtigende Rechnungen i.S. von Art. 219 MwStSystRL anzusehen, die Rückwirkung auf das Streitjahr 2007 entfalten.
Der Senat kann im Streitfall offenlassen, ob die ursprünglichen Rechnungen i.S. des § 31 Abs. 5 UStDV objektiv unzutreffend sind, denn alle am Vertrag Beteiligten wollten an den ursprünglich erteilten Rechnungen nicht mehr festhalten, was intern gebliebene Vorbehalte als unbeachtlich erscheinen lässt. Die ursprünglichen Rechnungen wurden mit allen Konsequenzen rückabgewickelt und die Klägerin bekam die gezahlte Vorsteuer vom Leistenden erstattet. Alle Beteiligten wollten die sich aus den Ursprungsrechnungen ergebenden Folgen rückwirkend beseitigen. Eine Rechnung ist auch dann "unzutreffend" i.S.d. § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV, wenn sie im Einvernehmen aller Beteiligten vollständig rückabgewickelt und die gezahlte Umsatzsteuer zurückgezahlt wurde.
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Die Klägerin war im Streitjahr 2007 Organträgerin einer GmbH. Diese ließ als Generalunternehmerin einer GmbH & Co. KG einen Bioenergiepark errichten. Dabei war sie berechtigt, Subunternehmer einzuschalten. Die GmbH beauftragte die A, zu einem Pauschalfestpreis zuzüglich Umsatzsteuer Leistungen zur starkstromtechnischen Erschließung des Parks zu erbringen.
Die A entrichtete die Umsatzsteuer an das zuständige Finanzamt. Die Klägerin machte im Jahr 2007 jenen Betrag als Vorsteuer geltend. Auch die B entrichtete Umsatzsteuer an das zuständige Finanzamt; die Klägerin machte den Betrag als Vorsteuer geltend. Die Umsatzsteuererklärung der Klägerin für das Streitjahr datiert vom 9.3.2009. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich bei den Leistungen von A und B um Bauleistungen handele, auf die § 13b Abs. 2 UStG anzuwenden sei, so dass der Klägerin ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Subunternehmer der GmbH nicht zustehe.
Am 7.11.2012 erteilte die A der GmbH eine Gutschrift zur Rechnung vom 29.10.2007 und berechnete ihr am gleichen Tag einen Betrag ohne Umsatzsteuer unter Hinweis auf § 13b UStG. Die B berichtigte die Rechnungen ebenfalls und rechnete am 31.10.2012 jeweils mit Hinweis auf § 13b UStG einen Betrag ohne Umsatzsteuer. Außerdem verpflichtete sie sich, der GmbH die vom Finanzamt zurückzuzahlende Umsatzsteuer zu erstatten. Auf dieser Grundlage erhielt die Klägerin die in den ursprünglichen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer der Subunternehmer der GmbH zurück.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 26.3.2013 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Umsatzsteuer fest. Mit Bescheid vom 31.1.2014 hob es den Vorbehalt auf. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Dem Abzugsbegehren der Klägerin stehen die berichtigenden Rechnungen der B vom 31.10.2012 und der A vom 7.11.2012 entgegen.
Die Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung beim Vorsteuerabzug gilt unabhängig davon, ob die Berichtigung zum Vorteil oder zum Nachteil des Leistungsempfängers wirkt. Auch der Stornierung einer Rechnung nebst Neuausstellung einer sie ersetzenden Rechnung kann eine solche Rückwirkung zukommen. Den streitfallbezogenen klägerischen Bedenken gegen eine unionsrechtskonforme Ausdeutung der Rechnungsberichtigungsregelungen ist nicht zu folgen.
Die richtlinienkonforme Auslegung kommt nur in Betracht, wenn es im konkreten Fall verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gibt Lässt der Gesetzestext mehrere Auslegungen zu, so ist der Auslegung der Vorzug zu geben, nach der die Norm nicht als unionsrechtswidrig einzustufen ist. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall sind die Rechnungen der B vom 31.10.2012 und der A vom 07.11.2012, die allesamt keine Umsatzsteuer ausweisen, als berichtigende Rechnungen i.S. von Art. 219 MwStSystRL anzusehen, die Rückwirkung auf das Streitjahr 2007 entfalten.
Der Senat kann im Streitfall offenlassen, ob die ursprünglichen Rechnungen i.S. des § 31 Abs. 5 UStDV objektiv unzutreffend sind, denn alle am Vertrag Beteiligten wollten an den ursprünglich erteilten Rechnungen nicht mehr festhalten, was intern gebliebene Vorbehalte als unbeachtlich erscheinen lässt. Die ursprünglichen Rechnungen wurden mit allen Konsequenzen rückabgewickelt und die Klägerin bekam die gezahlte Vorsteuer vom Leistenden erstattet. Alle Beteiligten wollten die sich aus den Ursprungsrechnungen ergebenden Folgen rückwirkend beseitigen. Eine Rechnung ist auch dann "unzutreffend" i.S.d. § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV, wenn sie im Einvernehmen aller Beteiligten vollständig rückabgewickelt und die gezahlte Umsatzsteuer zurückgezahlt wurde.