Zur schuldbefreienden Drittschuldnerzahlung im Insolvenzeröffnungsverfahren
KurzbesprechungInsO § 55 Abs. 4, InsO § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fallgr. 2, InsO § 24 Abs. 1, InsO § 82 Satz 1, UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, UStG § 10 Abs. 1, UStG § 13 Abs. 1 Nr. 1
Im Streitfall entstand der Steueranspruch mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Vereinnahmung, ohne dass es darauf ankommt, ob das FA dem Insolvenzschuldner die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG, sogenannte Ist-Besteuerung) genehmigt hatte, wozu das FG keine Feststellungen getroffen hatte.
Der Steueranspruch für Lieferungen und sonstige Leistungen entsteht bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (sogenannte Soll-Besteuerung) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Leistungserbringung und bei der Ist-Besteuerung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Vereinnahmung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b UStG).
Im Streitfall kam es nicht darauf an, welche Art der Steuerberechnung anzuwenden war. Unterlag der Unternehmer (der Insolvenzschuldner) der Ist-Besteuerung, entstand der Steueranspruch mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Vereinnahmung. War die Soll-Besteuerung anzuwenden, gilt gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG dasselbe. Denn die - im Streitfall erfolgte - Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt und mit Recht zum Forderungseinzug (§ 22 Abs. 2, § 23 InsO) führt zu einer Uneinbringlichkeit gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG, die bei anschließender Entrichtung des Entgelts nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erneut zu berichtigen ist.
Bei dem entweder gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG oder gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG aufgrund eines Berichtigungserfordernisses entstandenen Steueranspruch kann es sich grundsätzlich um eine Masseverbindlichkeit handeln.
Kommt es (wie im Streitfall) zu keiner Vereinnahmung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter im Rahmen des ihm durch das Insolvenzgericht eingeräumten Rechts zum Forderungseinzug, ist die Begründung einer Masseverbindlichkeit nur zu bejahen, wenn eine Vereinnahmung im Zusammenhang mit anderweitigen Rechtsbefugnissen des vorläufigen Insolvenzverwalters vorliegt. Hieran fehlt es, wenn die Zahlung nicht aufgrund einer Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters, sondern aufgrund anderer insolvenzrechtlicher Regelungen - ohne Zutun des vorläufigen Insolvenzverwalters - zu einem Erlöschen der dem Insolvenzschuldner zustehenden Forderung führt.
Im Streitfall hatte das FG zu Recht entschieden, dass keine - gegenüber dem Steuerpflichtigen als Insolvenzverwalter festzusetzende Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 4 InsO im Hinblick auf die in Rede stehenden Beträge vorlag, denn die streitigen Überweisungen wurden gemäß § 24 Abs. 1, § 82 Satz 1 InsO schuldbefreiend im Verhältnis zum Insolvenzschuldner geleistet.